Wie man lernt, Spinnen zu beseitigen, dem «Kamasutra» zu folgen und eine Führungsposition einzunehmen. Handbücher für die Frau können unterhaltsam sein und Gesprächsstoff liefern. Natürlich auch auf Reisen.
Ein Buch muss vieles können, aber in den Strandferien noch mehr: Hitze, Sonnencreme und der Siesta-Schwere standhalten. Auf Reisen gelten andere Massstäbe, das gilt auch für die Lektüre. Der gute Roman ist Fluchtburg und höchstpersönlicher Vorstellungsraum der Eskapisten, in die keine Mitreisenden Zugang haben. Anders bei den nicht eben als Ferienlektüre bekannten Handbüchern. Sie sind geselliger, manche bieten sogar maximalen Gesprächsstoff bei minimalem, weil abschnittweise aufbereitetem Leseaufwand. Ausserdem sind sie in jeder Lebenslage gut lesbar. Gebrauchsanweisungen, Ratgeber, alles, was man Kompliziertes wissen muss, zwischen zwei Buchdeckel gefasst – das ist zwar unmöglich, aber trotzdem.
Ein, zwei Titel, haben sich mit einigem Publikumserfolg die Frau vorgenommen. Das «Handbuch für die gute Ehefrau» war kürzlich in der «Weltwoche» erwähnt. Ob es tatsächlich aus dem Jahr 1955 stammt oder viel später dahin zurückdatiert wurde, ist offenbar nicht auszumachen. Jedenfalls bietet es sich an, mit historischem Interesse gelesen zu werden. Als Zeugnis aus Zeiten, in denen die Zuständigkeiten noch klar waren: Räumen Sie, so lassen sich die Ratschläge an die gute Ehefrau zusammenfassen, alles Laute (Kinder), Proble matische (Ihre Sorgen), Unansehnliche (ziehen Sie sich um, tragen Sie neues Make-up auf) aus dem Weg, bevor er abends nach Hause kommt. Er hatte einen strengen Tag und hat nun ein Recht auf Erfrischung. Der dienenden, hinnehmenden Rolle der Frau sind kaum Grenzen gesetzt. Das «Handbuch» mag eine zweifelhafte Quelle sein, die generelle Richtung stimmte wohl schon.
Chanel-Taschen und mehr
Jünger sind drei andere Titel, die sich damit beschäftigen, was Frauen zu tun haben, und vor allem, wie sie es zu tun haben. Der «New York Times»-Bestseller «Classy» von Derek Blasberg (Goldmann, 2011) hält fest, wie sich eine Lady verhält, ob vor dem eigenen Kleiderschrank, wenn sie eine Party schmeisst, wenn sie verreist, die Liebe sucht oder in Versuchung gerät. Man mag ankreiden, dass da ein Mann bestimmt, was eine Lady ausmacht. Aber ein paar praktische Hinweise gibt es doch, wenn es darum geht, den Dresscode auf einer Einladung zu entschlüsseln, wie man ohne Peinlichkeit tanzt, dass «eine Lady ein wohltätiges Herz hat» und also bei der einen oder anderen Wohltätigkeitsorganisation aktiv wird, und wie es sich mit Online-Beziehungen verhält: «Seien Sie vorsichtig. Sie würden Ihr Konto nicht wegen einer Chanel-Tasche plündern, die vielleicht nicht echt ist. Und genauso wenig möchten Sie Ihre Gefühle in einen Menschen investieren, der womöglich auch nicht echt ist.» Um nach einem Streifzug durch den Band zu urteilen: Muss man tatsächlich noch einmal vorschreiben, was man auf einer Reise anzieht, wie man sich als Gast und Gastgeber verhält? Auseinandersetzen, dass es unweise ist, angetrunken Auto zu fahren, und es sich nicht gehört, anders als mit geschlossenen Knien auf Stühlen zu sitzen?
Allein die Wahl der Themen spricht Bände in Büchern über und für die Frau. Intimrasur, Einparken, Selbstverteidigung, Spinnen zum Beispiel? Wenn in «Classy» so etwas wie das Lady-Ideal vorgeschrieben ist, richtet sich der Band «Alles, was eine Frau wissen muss» (Knaur 2008) neben den klassichen Themen stark auf praktische Hinweise und Überlebensstrategie aus.
«Männerdomänen für sich entdecken»
Das fängt bei Adam und Eva an: «Wie wird eine Frau schwanger?», da findet man Tipps dafür, wie man eine Tür eintritt und sich in Grenzsituationen einen kühlen Kopf bewahrt: nach einem Sturz auf U-Bahn-Geleise oder wenn man im Eis einbricht. Ein Kapitel behandelt Esoterik und Astrologie, andere besprechen berühmte Frauen, und im Kapitel Zukunft gibt es sogar die Abschnitte: «Selig- oder gar heiliggesprochen zu werden» und «Bewerbung bei ‹Germanys next Topmodel›» (in der Reihenfolge). Kurz, ein Buch für die Handtasche, sollten Sie mal eine giftige Pflanze bestimmen, ihr Auto überbrücken, einen Reifen wechseln müssen. Es gibt da auch praktische Skizzen zum seitwärts parkieren oder übers «Kamasutra». Das Schönste an diesem Buch sind die Instruktionen unter dem Titel «Männerdomänen für sich entdecken». Mit ihnen lässt sich viel mehr anfangen als mit einer Stilbibel: Wie bringe ich eine Deckenlampe an, wie hantiere ich richtig mit einer Bohrmaschine? Hier steht es.
Etwas zwischen Überlebensleitfaden und Ritterschlag zur Lady bietet der Band «Eine Frau – ein Buch» (Edition Süddeutsche Zeitung, 2008). Wäre eines der drei Bücher Pflicht für die einsame Insel, dieses wär’s. Auch hier geht es um Lampeninstallation und Reifenwechsel, um «Haare untenrum loswerden», wie man Spinnen «gelassen» begegnet und «Orgasmus – leicht gemacht». Themen eben, wie die Verfasserinnen im Vorwort schreiben, an denen man als Frau ziemlich sicher vorbeikommt. Für alle Fälle kann man auch das Morse-Alphabet lernen, wie man «richtig Wodka trinkt» und «eine gute Figur bei den Oscars macht».
Pullover und Businessplan
Was macht das Buch unterhaltsam? Man lernt Dinge, etwa, dass es genetische und soziale Gründe für die Angst vor Spinnen gibt und ausserdem verschiedene Grade des Ekels. Praktischen Zugang: Befindet sich eine Lampe an der Zimmerdecke, braucht es als wichtigstes Utensil einmal eine Leiter – das klingt simpel, aber hilft durchaus. Vor allem gefällt das Desinteresse am Genderstreit: Unter dem Stichwort «Einen LKW einparken» steht etwa, Frauen hörten ihrem Fahrlehrer genau zu, um seine Anweisungen umzusetzen, derweil Männer beim Parkieren eher «ihren eigenen Standpunkt und ihren persönlichen Fahrstil einbringen. Da dies aber keine Lifestyle-Frage, sondern ein Lernprozess ist, geht der Schuss oft nach hinten los.»
Ganz um festgefasste Meinungen kommt man doch nicht herum. Und Parkieren ist wohl auch nicht das aufregendste Thema auf Erden. Aber in «Eine Frau – ein Buch» findet sich selbst beim Flanieren durch die Seiten Bemerkenswertes und Unterhaltsames. Ob beim Kapitel «Spitzenköchin werden» und was der Mythos Mamma damit zu tun hat oder unter der Überschrift «Auf Kommando heulen» und der Sideline, wie sich Hillary Clinton im Vorwahlkampf mit ein paar Tränen ein softeres Image verlieh. Kapitel «Einen Vortrag halten»? Für echte Panik-Kandidaten empfehlen sich besondere Kurse, für alle anderen gibt es in diesem Buch brauchbare Tipps. Wollen Sie eine Führungsposition einnehmen? «Führen muss man können, das ist wahr», steht da. «Wenn Sie aber meinen, dass mit Führungskraft nur Menschen ausgestattet sind, die einen besonders dominanten Charakter haben, sollten Sie schleunigst umdenken.»
Von Nina Toepfer