Die Nervosität unter den europäischen Airlines und insbesondere bei der Swiss ist gross: Seit dem 1. Juni fliegt die Etihad täglich von Abu Dhabi nach Zürich. Was die Nonstop-Verbindung für die weitere Entwicklung der Passagierströme aus der Schweiz nach Asien bedeutet, ist klar: Seit dem kometenhaften Aufstieg arabischer Fluggesellschaften haben sich diese bereits dramatisch verschoben. Dramatisch aus Sicht europäischer und asiatischer Airlines. Immer mehr europäische Fluggäste wählen fü̈r ihre Reise in den asiatischen Raum eines der arabischen Unternehmen, zumal diese mit ausgezeichneten Produkten und äusserst kundenfreundlichen Preisen überzeugen. Neben Etihad fliegen mit Emirates, Qatar und Oman Air gegenwärtig gleich vier Airlines vom Golf in die Schweiz. Und über ihre Hubs in Abu Dhabi, Dubai, Doha und Muscat bieten sie ihren Fluggästen ausgezeichnete Verbindungen nach Asien an. Den Zwischenstopp am Golf erleben viele Reisende nicht als Nachteil, sondern als willkommene Pause, um die Beine zu vertreten oder ihre Ferien mit einem interessanten Kurzaufenthalt zu bereichern.
Während die Emirates ihren Dienst bereits 1985 mit Flügen von Dubai nach Mumbai, Delhi und Karachi aufnahm, wurde die Etihad erst 2003 gegründet. Als Staatsairline mit Sitz in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate verfügt sie über noch mehr (finanzielle) Möglichkeiten als die aktuell grössere Fluggesellschaft aus Dubai. Die Verantwortlichen in Abu Dhabi haben im Ausbau des Streckennetzes der Etihad denn auch eine atemberaubende Geschwindigkeit an den Tag gelegt. Beteiligungen bei Air Berlin, Virgin Australia, Air Serbia, Air Seychelles, Air Lingus, Jet Airways und Etihad Regional sowie die angedachte Zusammenarbeit mit Alitalia zeugen von einer kompromisslosen Wachstumsstrategie.
Europäische und asiatische Airlines müssen sich vor dem Hintergrund des ungebrochenen Expansionsdurstes der Carrier am Golf warm anziehen. Ein hervorragendes Produkt und eine intelligente (Nischen-)Strategie allein reichen nicht mehr aus, um im hart umkämpften Flugmarkt bestehen zu können. Im globalen Wettbewerb werden europäische Airlines nur dann überleben, wenn sie auch auf der Kostenseite konkurrenzfähig sind. In der Schweiz beispielsweise bilden die vergleichsweise hohen Gebühren für Flughäfen und Flugsicherung sowie die Saläre am Boden, in der Kabine und im Cockpit nicht zu unterschätzende Wettbewerbsnachteile. Verständlich also, dass der Chef der Swiss, Harry Hohmeister, unermüdlich versucht, den Gewerkschaften und dem Flughafen Zürich ins Gewissen zu reden. Es drängt sich gar die Frage auf, ob es überhaupt sinnvoll ist, aus einer Hochpreisinsel heraus eine international tätige Airline zu betreiben. Zumal zahlreiche Mitbewerber der Swiss in der Lage sind, mit einer tieferen Kostenstruktur ebenso gute Produkte und Verbindungen anzubieten.
mw