Pulau Pef ist nicht einfach ein Resort, es ist ein Archipel mit Aussichtsberg, Mangroven-Lagune und vorgelagerten Inseln. Ein Tauchparadies, das die Schweizerin Maya Hadorn liebevoll aufgebaut hat.
Wenn Maya Hadorn wütend ist, nehmen ihre Angestellten die Gitarre und spielen das Papua-Lieblingslied ihrer Chefin. «Wie sollst du da noch sauer sein», sagt die Schweizerin und lacht schallend, wie sie das so oft tut. Maya Hadorn, 47, passt perfekt in ihre neue Heimat Raja Ampat. Nicht äusserlich; sie ist gross und blond und hat blaue Augen. Aber wenn ihre Tauchlehrer und Köche auf dem Steg für die ankommenden Gäste trommeln, Gitarre spielen und singen, tanzt die Chefin vorne mit. Ihr Frohsinn wirkt nicht aufgesetzt, er wirkt echt, papuanisch. Maya Hadorn hat das Resort Raja4Divers aufgebaut, ein paar Bungalows an einem Strand am Ende der Welt. Genauer gesagt auf Pulau Pef, einer Insel, die selbst nach den Massstäben der indonesischen Inselguppe Raja Ampat abgelegen ist. Sie liegt eine Stunde Bootsfahrt jenseits der Dampier Strait, an der sich die meisten Resorts von Raja Ampat ballen. Pulau Pef bedeutet «zersplitterte Insel». Tatsächlich ist sie ein Archipel aus Inselchen, Sandbänken, Lagunen und Mangrovenbuchten. Maya nennt sie deshalb Mini-Raja Ampat.
Die Schweizerin kam 2006 das erste Mal in das Inselreich an der Westspitze der indonesischen Provinz Papua, um ein anderes Resort zu managen. «Eigentlich habe ich mir gesagt: Ich bleibe ein, maximal zwei Jahre», erzählt sie. Am Ende waren es drei Jahre. Dann kündigte sie und wollte in ihre Heimat zurück. Doch indonesische Freunde überredeten sie, zu bleiben und selbst ein Resort zu eröffnen. Einer schlug ihr Pulau Pef vor. «Wir fuhren abends raus», erzählt sie, «die Sonne liess den Wald und die Palmen grün leuchten, die Felsen golden. Ich wusste sofort: Das ist es. Seitdem habe ich nichts anderes mehr im Kopf.»
Maya fuhr zurück in die Schweiz, sie schrieb einen Businessplan und ging mitFotos von Pulau Pef auf Investorensuche. Die Bilder waren überzeugend. «Nach einem halben Jahr sass ich in Jakarta und unterschrieb den Vertrag.» Die Insel gehört der Familie Gaman, angeblich Nachfahren der Könige von Waigeo, eine der vier Hauptinseln von Raja Ampat. Hadorn pachtete das Eiland für 50 Jahre. Die Kokospalmen musste sie kaufen. Ihre Besitzer waren zuvor nach Pef gekommen und hatten sie mit Farbe bemalt. «Es sah fürchterlich aus», sagt Hadorn und lacht.
Die Serengeti der Unterwasserwelt
Papua hat seine eigenen Regeln. Die Kultur hat mit der Javas in etwa so viel zu tun wie die schwedische mit der sizilianischen. Wer in Papua bauen will, muss zuerst die höheren Mächte friedlich stimmen. «Als Erstes hatten wir eine Acara-Zeremonie mit 200 Leuten», erinnert sich Hadorn. «Der Dorfälteste hat ein paar Hühner und eine Ziege geopfert. Dann hat er rings um die Insel gelben Reis, gekochte Eier und Münzen ins Meer geworfen.» Essen für die Ahnen, wie ein Eintrittsgeld. Hadorn war beeindruckt. So sehr, dass sie Skrupel bekam, als die ersten Boote mit Betonmischern und Baumaterial am Strand landeten. «Ich hatte Angst, die Schönheit der Insel zu zerstören.»
Doch sie überwand ihre Zweifel, und im Oktober 2010 gingen die Arbeiten los. Zimmermänner aus Java legten die Böden und setzten die Balken, ihre Kollegen aus Papua zogen die Wände und Dächer aus Palmblättern ein. Während die Arbeiter hämmerten, fuhr Maya mit Freunden aufs Meer hinaus, um die Korallenriffe nach spektakulären Tauchspots abzusuchen.
Durch flache Sandinseln, die aussehen wie Malediven-Eilande, fahren wir zu einem von ihnen: Baku Ipar. Beim Abtauchen sehen wir ein Meer von Gelb unter uns. Tausende von Füsilieren ziehen in breiten Strömen über die Korallenstöcke und den weissen Sand. Doktorfische mischen sich unter sie, Schwärme von Halfterfischen und Barrakudas. Es sieht aus wie die Unterwasserversion der grossen Wanderung der Gnus und Zebras in der Serengeti. An einem grossen Korallenstock, um den eine Wolke von Glasfischen wabert, leuchtet der Guide Hermann unter die Überhänge und findet Höhle an Höhle: einen Weissspitzen-Riffhai, einen Hummer und einen Wobbegong. Die zotteligen Teppichhaie sind so häufig, dass man sie nach ein paar Tagen kaum mehr beachtet.
50 Tauchspots liegen im Umkreis von Pef, 30 Spots steuern die weissen Fiberglasboote des Resorts regelmässig an. Zwischen den beiden Tauchgängen am Vormittag gibt es Kaffee, Obst und Snacks an einem der bildschönen Strände Raja Ampats. Den dritten Tauchgang am Nachmittag lässt man gerne mal ausfallen. Nicht weil das Tauchen langweilen würde, das passiert in Raja Ampat wohl nie. Aber auf Pef gibt es auch über Wasser eine Menge zu sehen.
Achterbahn durch die Mangroven
Den besten Überblick bekommt man auf dem Gipfel eines 42 Meter hohen Hügels, etwas grossspurig Mount Pef genannt. Man blickt über den Regenwald und den Mangrovenhain, durch den sich ein Plankenweg zur tief eingeschnittenen Bucht windet. Dort beginnt die Kajaktour um die Insel, ein Muss! Es ist vollkommen still, nur das Eintauchen der Paddel ist zu hören. Und ab und an einer der Vögel des Regenwalds. Ein Kakadu? Ein Nashornvogel? Bald öffnet sich der erste Kanal im Uferwald. Wie borstige Spinnenbeine stechen die Mangrovenwurzeln ins Wasser. Selbst im seichten Gewässer blühen rosafarbene Gorgonien. Das Kajak gleitet über Tischund Geweihkorallen, es scheint zu schweben, so klar ist das Meer. Fische, Schildkröten und junge Schwarzspitzen-Riffhaie jagen unter dem Boot hindurch.
Es gibt auch eine Achterbahnversion des Mangrovenerlebnisses: The Passage, einer der berühmtesten Tauchgänge von Raja Ampat. Eine Meerenge zwischen den Inseln Gam und Waigeo, die aussieht wie der Amazonas. Und so fühlt sich das Tauchen hier auch an: wie in einem reissenden Fluss. Wir fliegen über Seegras, eine Schildkröte paddelt frenetisch in der Strömung, eine Sepia schiesst wie ein Torpedo vorbei. Wir driften weiter, bis sich rechts eine Bucht öffnet. Schlagartig wird es ruhiger, und wir können die Farborgie in wenigen Metern Tiefe anschauen. Fächerkorallen, Dendronephtya und andere Weichkorallen blühen in allen Knallfarben auf lastwagengrossen Felsen, Wurzeln und umgestürzten Baumstämmen. Nach einer meditativen halben Stunde lassen wir uns in die Strömung zurückziehen und schiessen im Slalom zwischen Felsen hindurch bis zu einer Höhle. Wir tauchen auf und se-hen die Reflektionen des Lichts auf dem Gewölbe, darüber der Dschungel und der Himmel. Durch ein Loch zwängen wir uns in eine zweite Höhle und schwimmen ins Freie. Ein feiner Regen fällt, wir treiben selig zwischen den grünen Hängen.
Tauchgänge wie dieser haben Raja Ampat weltberühmt gemacht. Beim Abendessen an der langen Tafel erzählt Maya vom Boom. Früher habe sie sich gefreut, wenn sie mal ein Liveaboard sah. Jetzt kreuzen Dutzende Tauchsafari-Schiffe in Raja Ampat. «Der Massentourismus macht mir Angst», sagt Maya. Denn bisher profitieren die Einheimischen kaum von den ausländischen Gästen. Viele haben kaum Schulbildung erhalten, deshalb beschäftigen die meisten Liveaboards und Resorts Indonesier aus Java oder Sulawesi.
Maya will es sich nicht so leicht machen. Die Hälfte ihrer 60 Angestellten sind Papua. «Es ist mir wichtig, mit Leuten aus den Dörfern zu arbeiten. Sonst wäre die Stimmung hier ganz anders. Und ich wollte ein Papua-Resort.» Deshalb liess sie die Wasserbungalows im traditionellen Stil bauen, stattete sie aber mit westlichem Komfort wie Kingsize-Betten aus. Jeder Bungalow hat ein Badezimmer. Manches mag gewöhnungsbedürftig sein. Statt der Dusche gibt es ein Mandi, einen Steinbottich, aus dem man mit einer Holzkelle das warme Wasser schöpft. Schlüssel für die Tür sucht man vergeblich, es gibt nur einen Holzriegel. Und eine grimmige Wächterstatue des Inselschnitzers vor der Tür. Auch auf die Klimaanlage hat Maya verzichtet. Wer es nachts kühl will, schiebt die Türen zur Stelzenterrasse auf. Und kann aus dem Bett den Sonnenuntergang beobachten. Dazu weht von den Hütten der Angestellten Gesang zur Gitarre herüber. Es klingt nach Hawaii oder Samoa, die Südsee-Idylle ist vollkommen. Morgens kitzelt die Sonne wach, den Wecker kann man sich sparen. Ausser, man will die Paradiesvögel sehen, wegen derer einst die ersten europäischen Naturforscher nach Papua kamen. In der mondhellen Nacht röhrt das Boot zur Insel Gam. In der Dämmerung stapfen wir im Dorf Sawinggrai los durch den Wald. Hier flattern jeden Morgen Rote Paradiesvögel ein und führen ihren berühmten Balztanz auf. Das Schauspiel dauert vielleicht zwei Minuten. Aber es ist bezaubernd genug, dass sich das frühe Aufstehen gelohnt hat.
Von Florian Sanktjohhanser
Raja Amat ist ein Paradies für Taucher. Der Artikel ist sehr gelungen. Er beschreibt das Resort wie es ist.