Wer Pinguinen in der Wildnis begegnen will, muss weit reisen. Doch eine Schiffsrundfahrt zum südlichen Ende der Welt belohnt mit unvergesslichen Begegnungen – nicht nur mit den gefiederten Frackträgern.
Wer in die Antarktis reist, kommt um Verkehrsregeln nicht herum: Pinguine haben Vortritt. Mit diesem südpolaren Gesetz im Hinterkopf wartet man nervös auf die erste Schlauchboot-Landung in antarktischen Gefilden. Wie wird es sein, einem Königspinguin – nein: Zehntausenden! – erstmals zu begegnen? Wie sehen die dicken See-Elefanten aus der Nähe aus, die am Ufer in Südgeorgien ausruhen? Die gebirgige Insel ist die wahre Arche Noah im Südozean. Vergessen vom Rest der Welt tummeln sich in jeder Bucht riesige Pinguinkolonien, räkeln sich Robben an den Stränden und segeln Wanderalbatrosse durch die stürmischen Lüfte.
Steht man dann endlich in Gummistiefeln warm eingepackt an Land, fällt eine Verhaltensweise der Inselbewohner sofort auf: Die Tiere kennen keine Scheu vor Menschen. Wir werden in der Antarktis für einmal nicht als Gefahr wahrgenommen, weil Vögel, Robben und Pinguine hier an Land keine Feinde haben.
Bis zum weissen Kontinent ist es jedoch ein weiter Weg. Von den vielen Schiffsreiserouten, die auf Feuerland beginnen, sticht die sogenannt grosse Rundfahrt als die interessanteste hervor: Der Kurs wird über die Falklandinseln und Südgeorgien gelegt, touchiert die weltfernen, vergletscherten Südorkney-Inseln, verliert sich dann im Gewirr der Sunde und Kanäle der Antarktischen Halbinsel und führt quer über die Drakestrasse zurück nach Feuerland. Wer Königspinguine sehen will, für den ist der Schwenker um Südgeorgien unumgänglich. Sie leben auf den subantarktischen Inseln in treibeisfreien Gewässern. Ihre grossen Brüder, die Kaiserpinguine, mit über einem Meter Länge die grössten Pinguine der Welt, trifft man hingegen auch im Packeis um die Antarktische Halbinsel an.
Schon nach dem Ablegen in Ushuaia, der südlichsten Stadt der Erde und Startpunkt der Reise, überschlagen sich die Ereignisse: Im Beagle-Kanal tauchen Magellanpinguine auf, Schwarzbrauen-Albatrosse segeln ums Schiff und am chilenischen Ufer ist zuerst das südlichste Dorf, dann der südlichste Weiler der Welt auszumachen. Während der anderthalbtägigen Überfahrt zu den Falklandinseln bleibt Zeit, den Lärm der bewohnten Welt hinter sich zu lassen. Solche Seetage sind eigentliche «Seh-Tage», an denen sich die antarktische Tierwelt vorstellt: Peale-Delfine spielen ums Schiff, die breiten Rücken von Walen werden erspäht, Albatrosse und Sturmvögel äugen im Vorbeigleiten durch die Panoramafenster. Und bald machen sich die ersten Königspinguine weit draussen im Meer bemerkbar. Es gilt ernst – die Falklandinseln liegen vor uns. Diese Inselgruppe kann nicht mit Bergen oder Gletschern auftrumpfen; aber die eindrückliche Tierwelt fasziniert.
Einige Buckelwale, Saunagänge und Experten-Vorträge später tauchen die vergletscherten Bergspitzen Südgeorgiens am Horizont auf. Man stellt sich das Paradies nicht schöner vor. Dies ist auch ein letzter, kleiner Posten der Zivilisation – und Schauplatz einer ehemals rücksichtslosen Walfangindustrie. Noch heute stehen die Trankochereien in den alten Fangstationen. Von hier aus südwärts gibt es nur noch die eiskalten Gewässer der Antarktis, in denen Tafeleisberge treiben. Eines Morgens versperren vereiste Bergketten den bis anhin freien Blick auf den Horizont: Das Schiff hat die Antarktische Halbinsel erreicht – grandiose Ausblicke auf die vergletscherte Wildnis. Und immer wieder Kolonien von Adélie- oder Eselspinguinen an den wenigen eisfreien Stellen der Bergküste. Jede Pinguinkolonie hat ihre Mitbewohner: Weddellrobben dösen am Strand; Skuas, eine Raubmöwenart, versetzen die Pinguinmütter in Aufregung; See-Leoparden ducken sich zwischen Steine am Ufer und warten auf unvorsichtige Jungtiere. Unbeeindruckt watscheln die Pinguine vom Meer her nahe an den warm gekleideten Zweibeinern aus dem Norden vorbei zu ihrem Brutplatz. So als ob die gefiederten Frackträger tatsächlich von der Vortrittsregel wüssten.
Von Peter Balwin
ANTARKTIS-EXPEDITIONEN MIT FALKLANDINSELN UND SÜDGEORGIEN
Kuoni Cruises führt 2017 und 2018 einige Antarktis-Reisen mit den luxuriösen Expeditionsschiffen von Silversea durch. Die erste Spezialreise «Wunderwelt Antarktis» ab/bis Schweiz mit Kuoni Reiseleitung und deutschsprachigen Lektoren an Bord findet zwischen dem 17.11. und 10.12.2017 statt. Die Kosten (all-inclusive) belaufen sich auf 19’890 Franken.
Weitere Reisen von Silversea Expeditions mit Falkland, Südgeorgien und Antarktis (ab/bis Ushuaia):
18.12.17 – 05.01.18 (Silver Explorer)
21.12.17 – 09.01.18 (Silver Cloud, neu renoviert)
05.01.18 – 23.01.18 (Silver Explorer)
23.01.18 – 15.02.18 (Silver Explorer)
19.11.18 – 07.12.18 (Silver Explorer)
07.12.18 – 04.01.19 (Silver Explorer)