Im Sultanat Oman auf der Spitze der arabischen Halbinsel kann man das authentische Arabien erleben. Hier fühlt sich der Tourist noch als Entdeckungsreisender.
Das Kunstwerk sticht sofort ins Auge und beherrscht den ganzen Raum des Museums. Grossflächig, bunt, dreidimensional. Es fasziniert in der Machart und Struktur aus Stahl, Spiegeln und Ölfarbe. Es könnte im Guggenheim Museum in New York hängen oder im Zürcher Kunsthaus. Aber es ist im Bait Al Zubair Museum in Muscat ausgestellt.
Während der Betrachter staunend davorsteht, tritt eine Frau hinzu. Auch sie eine beeindruckende Erscheinung mit ihren wallenden Kleidern und blondem Haar. Sarah White, General Managerin des Museums. Ganz nebenbei erzählt sie, dass sie dieses Werk geschaffen hat. Es sei ein Spiegel ihrer selbst und trägt den Titel «a life eclectic», also ein ungewöhnliches Leben. Das trifft auf Sarah White mit Sicherheit zu. Seit 25 Jahren lebt und arbeitet die Britin im Oman. Sie ist für die grösste Sammlung zeitgenössischer Kunst des Landes verantwortlich und für den Rest des Museums, der das kulturelle Erbe des Landes widerspiegelt: alte Drucke und Landkarten, archäologische Fund stücke, antiker Schmuck, Münzen, Silberdolche und Gewehre. Mohammed Al Zubair, einer der renommiertesten Unternehmer Omans, hat sein Elternhaus als Museum für diese Sammlung zur Verfügung gestellt.
Schlafen im Palast
Der Zubair-Familie gehört auch einer der grössten und vermutlich schönsten Hotelkomplexe des Landes: das «Shangri-La Barr al Jissah Resort und Spa» im Süden von Muscat, das in einer privaten Bucht liegt und gleich drei Hotels umfasst: das gehobene «Al Bandar» (die Stadt), das Herzstück des Resorts für Geschäftsreisende und anspruchsvolle Feriengäste. Daneben das Familienhotel «Al Waha» (die Oase) und das luxuriöse «Al Husn» (die Burg). Verbunden sind die Häuser durch eine Strandpromenade, alle Gäste können die unterschiedlichen Pool-Landschaften und Restaurants nutzen. Nur manche Bereiche des «Al Husn» sind exklusiv für Clubgäste reserviert.
Ein weiteres Hotel-Highlight in Muscat ist der nahe gelegene «Al Bustan Palace». Dieser achteckige Bau liegt auch direkt am Strand, dahinter die steil aufragenden Hajar-Berge – eine spektakuläre Kulisse. Die Lobby des gigantischen Hotels wird von einer 33 Meter hohen Kuppel beherrscht, die an das Innere des Petersdoms in Rom erinnert. Das «Al Bustan Palace» wurde mehrfach zum «Best Hotel in the Middle East» gekürt. Sultan Quaboos liess den Palast ursprünglich für das 1985 stattfindende Treffen des Golfkooperationsrates bauen. Erst später wurde es zum Hotel umgewandelt und diente dann als Vorlage für das berühmte Emirates Palace Hotel in Abu Dhabi.
Wer hingegen puristische Architektur und modernes Design versetzt mit arabischen Elementen schätzt, sollte sich in dem luxuriösen Designhotel «The Chedi» einbuchen. Das Haus hat nicht nur eine legendäre Showküche, sondern auch ein grosses Spa-Angebot.
Malerisches Muscat
Nicht nur wegen der wunderbaren Hotels lohnt es sich, einige Tage in Muscat zu verbringen, bevor man zu seiner Rundreise durch den Oman aufbricht. Zwei portugiesische Festungen dominieren die Bucht von beiden Seiten. Die weissen Häuser und Paläste sind auf mehrere Hügel verteilt. Strassen, Gassen und Plätze wirken wie blank geputzt. Muscat gilt als eine der saubersten Städte der Welt, was jeder Taxifahrer stolz erzählt. Sehenswert ist vor allem die grosse Sultan-Qaboos-Moschee. Mit ihren reich verzierten Gebets- und Säulenhallen ist sie die einzige Moschee im Oman, die auch Nicht-Muslime betreten dürfen. Danach empfiehlt sich ein Bummel durch den alten Souk von Muttrah, die Besichtigung des Sultan-Palastes sowie der Besuch eines der vielen Festivals in der Stadt.
Begegnung mit dem Orient
Der Oman ist trotz der steigenden Touristenzahlen sehr ursprünglich geblieben. Für Besucher bedeutet das glücklicherweise, dass sie hier noch authentisches arabisches Flair erleben können. Die Omanis sind sehr aufgeschlossen und gastfreundlich und das Land gilt als sicher. Auch alleine im Mietwagen fühlt man sich auf dem hervorragend ausgebauten und gut beschilderten Strassennetz wohl. Die Fahrt ins Landesinnere führt viele Besucher zuerst nach Nizwa, der ehemaligen Hauptstadt des Sultanats im Südwesten von Muscat: eine Oase, die von einem monumentalen Fort dominiert wird. Vom 35 Meter hohen Festungsturm hat man einen beeindruckenden Blick auf die Kuppel der grossen Moschee und die dahinter liegende Bergkette mit dem über 3000 Meter hohen Jebel Akhar, dem «grünen Berg». Jeden Freitagmorgen geht es in Nizwa hoch her, denn dann findet vor den Toren der Altstadt der regionale Viehmarkt statt. Lastwagen und Pickups parken dicht an dicht, vollgeladen mit Ziegen, Schafen, Hühnern und Kälbern. Dazwischen handeln, tauschen, lachen und schimpfen die Männer – und bereiten nebenher Tee auf kleinen Gaskochern zu.
Abgelegene Bergwelt
Etwa 50 Kilometer entfernt liegt Al Hamra, «die Rote» (Klein-)Stadt, die ihren Namen von dem rötlich schimmernden Lehm der Umgebung hat. Sofort ins Auge stechen die kunstvoll geschnitzten Holztüren der zwei- bis dreistöckigen Häuser aus Lehmziegeln. Al Hamra ist eines der schönsten Dörfer im Inneren des Oman, auch wegen seines traditionellen Souks. Auf engen Serpentinen geht es weiter zu dem kleinen Bergdorf Misfah, das an einem steilen Hang klebt. Hier scheint die Zeit vor hundert Jahren stehen geblieben zu sein: der Ortskern ist nur zu Fuss erreichbar und vollständig aus Natursteinen erbaut. Frauen tragen ihren Abwasch in Blechbehältern auf dem Kopf zum Brunnen, Kinder spielen in den Wasserkanälen, die die terrassenförmig angelegten Palmen- und Obst gärten durchziehen. Alte, ehrwürdige Männer betrachten die Touristen mit freundlicher Verwunderung und Distanz.
Das Sayq-Plateau mit dem Jebel Akhdar und dem Jebel Shams, dem höchsten Berg des Landes, beeindruckt nicht nur Bergfreunde. Die graubraune Gebirgslandschaft wird von einer tiefen Schlucht durchzogen, die an den Grand Canyon im Südwesten der USA erinnert.
Weite Wüsten
Ganz anders ist die Landschaft im Süden von Muscat. Auf der Küstenstrasse fährt man vorbei an kleinen Fischerdörfern und schönen Wadis bis nach Sur, einer kleinen Hafenstadt mit langem Sandstrand, einem kleinen Hafen samt pittoreskem Leuchtturm. In den Werften werden noch immer die traditionellen Dhaus gebaut: Ein- oder Zweimaster aus Holz, die früher als Handelsschiffe dienten und heute dem Fischfang. Weiter westlich im Landesinneren beginnt die Sandwüste Wahiba und damit für die meisten Besucher des Landes das wahre Oman-Feeling mit hohen Dünen, wilden Kamelen und Sandpisten, die ins Nirgendwo zu führen scheinen und dann doch in einem der Touristen-Camps aus Beduinen-Zelten enden. Abenteuer à la Lawrence of Arabia.
Heimat des Weihrauchs
1000 Kilometer Wüstenautobahn oder eine Flugstunde von Muscat entfernt liegt ganz im Süden des Oman die Stadt Salalah in der Region Dhofar. Hier verbringen auch viele Omanis ihre Ferien, weil das Klima selbst im Sommer angenehm ist. Überall gibt es weitläufige Palmenhaine, Bananen- und Papayaplantagen. Berühmt sind aber vor allem die Weihrauchbäume der Region. Deshalb wird Dhofar auch «Land of Frankincense», das Land des Silberweihrauchs, genannt. Gleich drei Orte hat die UNESCO in Dhofar zum Weltkulturerbe erklärt: ausserhalb gelegen im Norden von Salalah das Wadi Dawkah, ein Naturschutzgebiet, in dem eben diese Weihrauchbäume wachsen. In der Stadt selbst die Siedlungsreste von Al-Baleed, dem ältesten Teil Salalahs, und dann noch etwa 30 Kilometer ausserhalb des Zentrums den alten Weihrauchhafen Samharam, den schon Marco Polo in seinen Schriften erwähnt hat.
Eine Reise in den Oman ist wie das Eintauchen in eine längst vergessene Märchenwelt, denn hier lässt sich die Faszination des Orients hautnah erleben. Das Sultanat setzt seit Jahren auf einen nachhaltigen und exklusiven Tourismus. Das macht sich bezahlt, für die Besucher, aber vor allem für die Omanis selbst.
Von Alexandra Karle