Sie nennen sich selbstbewusst „Junge Schweiz – neue Winzer“. Der junge Verein geht neue Wege beim Wein machen. Ihr Präsident heisst Pasquale Chiapparini.
An der Weinmesse Expovina Primavera in Zürich sorgte die damalige Gruppe «Junge Schweiz – neue Winzer» (JSNW) mit ihrem ersten öffentlichen Auftritt für Aufsehen. Das war vor bald einmal zwei Jahren mit einem Gemeinschaftsstand. Aus der Gruppe wurde ein Verein mit 21 Winzern aus den Kantonen Aargau, Freiburg, Graubünden, Schaffhausen, Thurgau, Waadt, Wallis und Zürich sowie dem 37-jährigen Präsidenten Pasquale Chiapparini.
Vom Radio- und TV-Elektroniker zum Winzer
Sein Werdegang steht symbolisch für die JSNW, dessen Mitbegründer er ist: Er lernte Radio- und TV-Elektroniker und ist erst seit dem Jahr 2000 Winzer. «Ich war ein Quereinsteiger im Gastgewerbe und wollte eine Zweitausbildung, die mir wirklich Spass macht», begründet er den exotischen Berufswechsel. Chiapparini ist mit Leib und Seele dabei und hat mit den Weinen seine Passion gefunden. Das wichtigste, was er bei seiner Winzerlehre in Wädenswil ZH gelernt habe: «Weinmachen ist nicht einfach ein Handwerk, sondern eine Lebenseinstellung, die mit Genuss, aber auch viel Arbeit zu tun hat.» Seine ausbildungstechnische Wanderschaft führte ihn von der Crone ins Tessin, ins schaffhauserische Uhwiesen, ins piemontesische Monferrato und zu Hanspeter Lampert nach Maienfeld GR, bis der damalige Neo-Winzermeister 2005 ein halbes Jahr lang ein Weingut am Gardasee leitete.
2006 machte er sich selbständig, nachdem er in Wädenswil ein Inserat gesehen hatte, pachtete Land in Rafz und produziert heute jährlich 10 000 bis 15 000 Flaschen. Diese zeichnen sich durch ihren eigenen Charakter aus und heben sich wohltuend von Einheitssäften aus der Neuen Welt ab (siehe Kästchen «Weinfreude aus dem Zürcher Unterland»). Das grosse Geld macht der Weinmacher mit seinen drei Weiss- und zwei Rotweinen sowie dem schmackhaften roten Schaumwein «so prickelnd» aus den Sorten Léon Millot, Maréchal Foch und Regent trotzdem nicht. «Ich lebe mehr schlecht als recht, kann mir keine Ferien leisten. Im Winter habe ich in einer Bar in Laax GR gearbeitet», sagt Chiapparini. Die Rechnung geht auf, weil ihn seine Eltern und sein Umfeld unterstützen.
Messeauftritte und Weissweinpartys
Der JSNW-Präsident will in seiner verbleibenden Amtszeit (Mitglieder dürfen nicht älter als 39 Jahre alt sein) «die Welle, die wir ausgelöst haben, weiter ziehen». Damit meint er Messeauftritte wie an der Expovina Primavera, die Ende März wieder im Puls 5 in Zürich stattfindet, Wine & Dine- Anlässe mit den Weinen der jungen Winzer oder Weissweinpartys, wie sie letztes Jahr im «In»-Club Hive in Zürich durchgeführt wurden. Die Aktivitäten haben alle das gleiche Ziel: das Image des Schweizer Weins «wieder salonfähig zu machen», wie sich Chiapparini ausdrückt. Er weiss: Nur 39 Prozent der Weine, die in der Schweiz getrunken werden, sind heimische Produkte. Konsumenten hätten an der Expovina den JSNW-Gemeinschaftsstand besucht und Komplimente gemacht. «Genau solche Reaktionen wollen wir fördern», sagt der Weinmacher aus Rafz bestimmt und schiebt fast ein wenig kleinlaut nach: «Unser grosses Vorbild im Marketing sind die österreichischen Winzer.» Nachwuchssorgen muss der Präsident keine haben, denn das jüngste JSNW-Mitglied ist der gerade mal 22-jährige Raphael Käser aus dem Kanton Aargau.
Pasquale Chiapparini beabsichtigt, sich in Zukunft noch mehr aufs Weinmachen zu konzentrieren und sich ein wenig aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Dabei möchte er in einem weiteren Schritt seine Weine biologisch zertifizieren lassen – so wie das seine Partnerin bereits seit einem Jahr auf ihrem Weingut handhabt. Chiapparini sagt von sich, er arbeite seit fünf Jahren bionah und setze keine Herbizide oder künstliche Dünger ein. Insektizide gegen Pilzkrankheiten benütze er nur minimal. Auch das entspricht durchaus einem Schweizer Trend.
Von Reto E. Wild