Vor dreihundert Jahren terrorisierte der legendäre englische Seeräuber Blackbeard die Küste von North Carolina. Heute wird er im ganzen Bundesstaat als Hauptattraktion gefeiert.
Ein bisschen Nervenkitzel kann nicht schaden, wenn der amerikanische Bundesstaat North Carolina auf seine abenteuerliche Geschichte zurückblickt: Der sagenumwitterte englische Seeräuber Blackbeard hatte mit seinem Flaggschiff «Queen Anne’s Revenge» vor drei Jahrhunderten die amerikanische Ostküste und die Bahamas terrorisiert, bevor er dann 1718 von der britischen Kriegsmarine, der Royal Navy, enthauptet wurde. Jene blutige Zeitepoche wird nun durch eine an verschiedenen Orten gezeigte Ausstellung eindrücklich dokumentiert. Dabei lässt sich North Carolina nicht lumpen und hat Millionen von Dollar in die Restaurierung neu aus dem Atlantik geborgener Fundstücke investiert. Erstmals werden nun diese Artefakte einer breiten Öffentlichkeit gezeigt und verbreiten wohlige Schauer. Augenzwinkernd wird dabei an Blackbeards Schicksal erinnert und den Besuchern geraten: «Verlieren Sie Ihren Kopf nicht.»
Jene Seeräuberzeiten sind längst vorbei; stattdessen werden jetzt die Überseegäste nach erfrischend US-amerikanischer Art mit Vornamen und wie alte Freunde willkommen geheissen, am liebsten mit einem lokal produzierten, kühlen Bier. Dutzende kleiner Brauereien buhlen um die Gunst der durstigen Seelen und überraschen mit tollen Spezialitäten, denen sie mit lokalen Ingredienzen wie Vanille, Feigen, Honig und Kaffee einen speziellen Touch verleihen. In entspannter Ambiance lauscht man dem Braumeister, der mit dem Humpen in der Hand über den Gerstensaft und den Zeitenlauf philosophiert und redselig das beste Bier der Welt – seines natürlich – preist.
Hier wie dort ist man überrascht über die kulinarische Vielfalt, die den landschaftlichen und kulturellen Reichtum von North Carolina widerspiegelt. Von wolkenverhangenen Bergen bis hin zu sonnigen Küsten mit fantastischen Badestränden findet man alle Spielarten der Natur – und davon kann gerade der Feriengast profitieren. So sind die Bergregionen prädestiniert fürs Klettern, für Mountainbiking, Picknicks, Wandern und Golf, wobei allein Central North Carolina mit 500 Golfplätzen aufwartet. 145 Weingüter stehen den Besuchern offen, und wer lieber Wasser als Wein geniesst, findet an der Küste Dutzende nautische Zentren. Bootstrips, Schnorcheln, Tauchen, Fischen, geführte Besichtigungen von historischen Leuchttürmen und weite Badestrände – dies alles ist in typisch amerikanischen XXL-Dimensionen vorhanden.
Allerdings zeigt sich gerade in Küstenregionen die neue Befindlichkeit für eine unversehrte Natur und den Schutz der hier lebenden Tiere. Besonders ins Auge sticht dies auf der nur tausend Bewohner zählenden Insel Ocracoke. Das abgelegene Eiland birgt das maritime Naturreservoir «Springer’s Point Reserve». Es gehört seit 2002 dem gemeinnützigen Coastal Land Trust und zeigt den ganzen Reichtum an Flora und Fauna. Wer statt der Natur die Geschichte North Carolinas kennenlernen will, besucht die vielen architektonischen Zeugen vergangener Jahrhunderte. Überall wird dem historischen Erbe Respekt gezollt. Beispielhaft zeigt sich das in Historic Bath, ab 1690 eine Siedlung europäischer Einwanderer. Aus dieser Siedlung entstand Bath, die 1705 zur ersten Stadt von North Carolina avancierte und bald darauf den ersten Hafen des neuen Bundesstaates erhielt. Politische Rivalitäten, Kämpfe mit Indianern und Piratenüberfälle markierten die ersten Jahre, doch 1746 stieg Bath zur Hauptstadt der einstigen Kolonie auf. Zwar verlor der Ort Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Wegzug der Administration seine Bedeutung, doch die historischen Häuser jener Zeit blieben unversehrt.
Unbedingt besuchen sollte man Raleigh: Die einst belächelte «Schlafende Hauptstadt des Südens» ist mittlerweile zur beneideten Start-up-Kapitale emporgestiegen. Nicht weniger als 13 Colleges und Universitäten bilden den Nukleus wirtschaftlicher Revitalisierung und sorgen für eine junge Bevölkerung. Neben den boomenden neuen Quartieren existieren in Raleigh 29 historische Distrikte, die an längst vergangene Zeiten erinnern und die Spannweite der amerikanischen Gegenwart aufzeigen.
Text: Werner Knecht
Foto: VisitNC/Don Maitz, Museum of History
GUT ZU WISSEN
Anreise: Mit Swiss täglich nach New York und von dort zahlreiche Umsteigemöglichkeiten nach Raleighs RDU International Airport. swiss.com
Hotels: In Raleigh zum Beispiel das preiswerte, hübsch dekorierte Hotel Indigo Raleigh-Durham Airport. Als Alternative das luxuriöse Five Star und Five Diamond The Umstead Hotel and Spa (150 Zimmer und Suiten) inmitten einer gepflegten Parklandschaft und umgeben von Wäldern.
Restaurants:
– Das Bida Manda ist ein aussergewöhnliches Restaurant mit exquisiter laotischer Küche, etwas laut wegen der vielen Gäste, aber die Topadresse in Raleigh. bidamanda.com
– Der Raleigh Beer Garden ist gemäss Guinness World Record der weltgrösste Biergarten mit der grössten Bierauswahl; gute und günstige Küche und aufgestelltes Personal. theraleighbeergarden.com
– Im La Perla in Beaufort wird hervorragendes spanischlateinamerikanisches Essen serviert. Zudem taucht gelegentlich der legendäre Seeräuber Blackbeard samt Gattin auf. laperlabeaufort.com
Museen: Das Ocracoke Preservation Museum dokumentiert die Geschichte der Insel sowie des Fischfangs und enthält auch kriegerische Artefakte. ocracokepreservation.org
Das N.C. Museum of Art zeigt über 5000 Exponate aus der Antike bis in die Gegenwart. Der angegliederte Ann and Jim Goodnight Museum Park beherbergt zahlreiche grossformatige Plastiken. ncartmuseum.org