Im Camper lässt sich – besonders mit Kindern – bequem durch Namibia reisen, auch wenn Staub ein unangenehmer und hartnäckiger Begleiter ist.
Es ist Abend, als wir in Okaukuejo, einem der Rastlager im namibischen Etosha-Nationalpark, eintreffen. Der Campingplatz ist ausgebucht. Trotzdem erlaubt man uns, unseren Camper irgendwo hinzustellen. So parkieren wir weit weg von den Toiletten- und Duschanlagen und vom Gewimmel und Geschnatter, das sich ausbreitet, sobald einer der grossen Overlander-Reisebusse ankommt und 40 Leute, 20 Zelte sowie die ganze Ausrüstung entlädt. Wir lassen uns in Sichtweite eines Wasserlochs nieder. Und siehe da, bald schon tauchen aus der steinigen Ebene im Osten wie auf einen Befehl hin die ersten Tiere auf: Ein Elefantenbulle schreitet bedächtig bis zum Wasser, spritzt sich mit dem Rüssel über den Rücken, fährt seinen meterlangen Penis aus, uriniert in den Tümpel und zieht von dannen.
Rasch haben wir das Gefühl, nahe bei einer Arche Noah angelegt zu haben. Denn es folgen in lockerer Prozession Zebras, Gnus, Giraffen, Schakale, Antilopen und Vogelschwärme. Nach etwa zwei Stunden herrscht dann für eine Weile Ruhe, und das ist gut so. Denn Neugierde und Konzentration haben schon nachgelassen, das Fernglas wird zunehmend schwerer, und die Filmrollen sind bereits voll. Zudem ist das Fleisch auf dem Grill gar. Doch kaum ist das genüssliche Abendessen vorbei und unser Campingplatz in nächtliches Dunkel gehüllt, setzt erneut Betrieb ein beim Wasserloch, welches durch grosse Scheinwerfer ein unauffälliges, graugrünes Licht erhält. Fast gespenstisch weiss heben sich eine Nashornmutter und ihr Junges vom dunklen Hintergrund ab. Und aus der Ferne ertönt Löwengebrüll. Beruhigt schliessen wir die Tür des Campers, doch es beschleicht uns ein mulmiges Gefühl beim Gedanken an die Zeltbewohner. Zwar umgibt ein hoher Zaun das gesamte Rastlager, aber wie einige mutige Schakale zeigen, die nach dem Eindunkeln das Gelände nach Fressbarem absuchen, müssen Schlupflöcher vorhanden sein.
Bevor wir am nächsten Tag die staubige Piste unter die Räder nehmen, machen wir einen Abstecher zum Swimmingpool, wo an diesem Vormittag ausser unserer Familie nur zwei Kinder planschen. Die meisten anderen Touristen befinden sich bereits auf der Morgenpirsch. Wir hingegen brauchen nicht weit zu gehen, denn an unserem Wasserloch ist schon wieder viel los: Eine ganze Elefantenherde mit sechs Jungtieren hält Morgentoilette. Die Jungen planschen und tollen. Sie stampfen mit den Beinen übermütig ins Wasser, spritzen einander nass, schubsen sich, bis sie umfallen, und tauchen unter, wobei sie den Rüssel als Schnorchel benutzen. Dann folgt ein ausgiebiges Sandbad. Doch als sich die Leitkühe anschicken aufzubrechen, scheren die Kleinen aus und trotten nochmals ins Wasser. Triefend nass und scheinbar quietschvergnügt verlassen sie danach die Szene.
Gleich und Gleich gesellt sich gern
Eigentlich wollten auch wir nach dem morgendlichen Schwimmen aufbrechen, doch statt rauszukommen und sich abzutrocknen, trotten auch unsere Kleinen nochmals ins Wasser. Denn endlich haben sie Freunde gefunden, und dazu noch Deutsch sprechende. Ausgehungert nach einer fast dreiwöchigen Namibia-Rundfahrt, wo sich die sozialen Kontakte und Konflikte meist auf den kleinen Familienkreis beschränkten, sind sie jetzt begreiflicherweise von ihresgleichen unzertrennlich.
So fällt die morgendliche Safari buchstäblich ins Wasser. Doch eigentlich haben auch wir das tagelange Herumfahren ein bisschen satt und verbringen den Rest des Tages gerne auf dem Liegestuhl zwischen dem Pool und dem Wasserloch, das nach Aussagen von Habitués ohnehin die wildreichste Tränke des Parks ist. Auch wenn sich die Raubkatzen rarmachen, können wir uns an den anderen Tieren sattsehen. Beim abendlichen Barbecue und einer Flasche südafrikanischen Weins schliessen wir eine neue Freundschaft, und zwar mit waschechten Windhoekern. Die Selbstverständlichkeit, mit der so viele Einwohner Namibias Deutsch sprechen, mutet zuweilen komisch an, doch macht bewusst, wie stark das koloniale Erbe die Gegenwart noch prägt. Dadurch ist das Reisen in Namibia mit oder ohne Kinder auch äusserst unbeschwerlich.
Von Lucie Paska, Bild Wilderness Safaris