Ich packe meinen Koffer… artundreise fragt den Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer
Herr Meyer, Sie haben sich in Ihrem Minute Book «Verschiedene Arten von Warten», das 2019 im Diogenes Verlag erschienen ist, mit diesem «unterschätzten Zustand» auseinandergesetzt. Worauf warten Sie am liebsten?
Auf meinen Sohn, wenn er mittags aus der Schule kommt. Das ist die grösste Freude meines Tages.
Wie verbringen Sie die Zeit beim Warten vorzugsweise, zum Beispiel am Flughafen?
Mit dem Smartphone, wie alle anderen auch. Aber manchmal gelingt es mir, es gegen ein Buch zu tauschen.
In Ihrem zweiten Wolkenbruch-Roman hat Motti nicht viel Zeit zum Warten. Er landet in einem Kibbuz in Israel, hat plötzlich eine wichtige Mission und fliegt bis nach Seattle. Sind Sie selbst gerne unterwegs?
Ja und nein. Ich fahre sehr gern mit der Bahn durch Deutschland von Lesung zu Lesung. Fliegen finde ich anstrengend. Ich vermeide es, so gut ich kann, zumal es ein Klimakiller ist.
Was bedeutet Ihnen das Reisen? Vor allem auch in Anbetracht der aktuellen Situation?
Ich reise mittlerweile am liebsten in der Schweiz herum. Es gibt so viel zu entdecken hier, ein Leben wird dafür nicht ausreichen.
Wohin reisen Sie am liebsten?
Nach Graubünden. Eindeutig.
Was haben Sie immer im Koffer, wenn Sie unterwegs sind?
Da gibt es eine ganze Packliste. Pantoffeln müssen mit, Kleider für alle Wetterlagen, genügend Snacks und drei Bücher, die ich nicht lese, weil ich drei andere kaufe.
Welches sind Ihre schönsten Ferienerinnerungen?
Jene mit meinem Kind und meinen Partnerinnen. Mit den Liebsten unterwegs zu sein, ist das Beste.
Auf welche Reise-Erlebnisse hätten Sie hingegen lieber verzichtet?
Es gab ein paar Reisen mit der Familie, bei denen ich gern zu Hause geblieben wäre.
Wo waren Sie noch nicht, möchten aber gerne einmal hin? Was reizt Sie an der Destination?
Portland, Oregon. Alles, was ich von da sehe und höre, entspricht mir sehr. Es scheint sehr offen und kreativ zu sein und voller veganer Restaurants. Aber was soll’s.
Im SonntagsBlick beantworten Sie in Ihrer Kolumne «Meyer rät» die unterschiedlichsten Lebensfragen von Leserinnen und Lesern. Was würden Sie einem Paar raten, das sich ständig uneinig ist, wohin es in die Ferien fahren soll? Ein Grund für eine Trennung?
Schöne Frage! Ich empfehle in diesem Fall, unabhängig voneinander Ferien zu machen. Wenn die Beziehung sonst funktioniert, hier aber kein Kompromiss möglich ist, soll keiner erzwungen werden. Das ist nicht sinnvoll. Stattdessen beschränkt man sich besser auf kleine Ausflüge mit maximal einer Übernachtung.
Und welches ist Ihr bester Tipp für Ferien mit Kind?
Das hängt vom Kind ab. Ein Baby kann man überallhin mitnehmen, aber bereits ein Fünfjähriger hat sehr klare Vorstellungen davon, was er mit seiner Zeit anstellen will, und das ist zu würdigen. Das heisst nicht, dass das Kind bestimmt, wo man Ferien macht. Es heisst nur, dass man Rücksicht auf eine weitere Person nehmen muss. Mein Sohn ist in den Ferien am liebsten zu Hause. Also kann ich ihn nicht vier Tage zum Wandern mitschleppen. Das muss ich dann mit anderen Leuten machen.
Interview: Stefanie Schnelli
Bild: joanminder.ch
Zur Person
Thomas Meyer wurde 1974 in Zürich geboren und lebt heute in der Limmatstadt. Er arbeitete als Texter in Werbeagenturen und war als Reporter tätig, bevor er sich 2007 selbstständig machte. Sein Roman «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» aus dem Diogenes Verlag wurde zum Best- und Longseller und schaffte es 2018 mit grossem Erfolg auf die Kinoleinwand. Im Oktober 2019 erschien mit «Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin» die Fortsetzung des Romans. Meyer hat neben anderen Werken mit seinem Buch «Trennt Euch!» Aufmerksamkeit erregt und das Minute Book «Verschiedene Arten von Warten» verfasst. Im Oktober wird sein erstes Kinderbuch erscheinen. Die Illustrationen für «Wie der kleine Stern auf die Welt kam» stammen vom Künstler Mehrdad Zaeri.