Lange Zeit stand Rioja auch für Massenweine. Doch in jüngster Vergangenheit haben sich mehrere Weingüter zwischen Tradition und Moderne etabliert und sorgen für Weltklasse-Tempranillos.
Spaniens berühmteste Weinregion Rioja ist nicht nur für ihre Rotweine, sondern auch für eine bemerkenswerte Weinarchitektur bekannt. Seit den 1990er-Jahren haben hier grosse Architekten wie Zaha Hadid im Weingut Lopez de Heredia oder Frank Gehry im Los Herederos del Marqués de Riscal ihr Können mit modernen Kellereien gezeigt. Die Bodegas Ysios befinden sich in der Nähe des sehenswerten Dorfes Laguardia und wurden nach den Plänen von Santiago Calatrava erbaut. Sein architektonisches Werk wurde auch schon als «Kathedrale des Weins» bezeichnet. «Die Wellenform repräsentiert Valencia, aber auch die Silhouette des Kantabrischen Gebirges», sagt Amaya Esteban Marin von Pernod Ricard Winemakers. Das Unternehmen ist Besitzer des Weinguts Ysios, das sich in Rioja Alavesa befindet. Was viele nicht wissen: Rioja Alavesa gehört zum Baskenland. Hier befinden sich die besten Tempranillo-Lagen der Welt. Laguardia ist nur gut 100 Kilometer von Bilbao, aber 360 Kilometer von der Hauptstadt Madrid entfernt.
Ganz wie der Bau des Weinguts präsentieren sich auch die Weine von Ysios: als moderne Riojas. Gut 60 Hektar Rebenfläche sorgen für jährlich rund 120 000 Flaschen, wobei die Weine nur in guten Jahren gemacht werden. Ein Durchschnittsbetrieb im Rioja kommt schnell einmal auf eine Jahresproduktion von einer Million Flaschen. Der aus Bilbao stammende Ysios-Önologe Roberto Vicente erklärt: «Die Böden hier sind sandig und können innerhalb von 100 Metern lehmig werden. Unsere Trauben lesen wir von dreissigjährigen Rebstöcken und bauen sie zwanzig Monate in französischer Eiche aus.»
Die für ihre Tapas-Bar-Strassen bekannte Rioja-Hauptstadt Logroño, rund dreissig Fahrminuten von Ysios entfernt, ist Teil der Subregion Rioja Alta. Hier werden rund 90 Millionen Liter Wein hergestellt, hauptsächlich Tempranillo, Garnacha und der weisse Viura, mit dem es Vicente dieses Jahr ebenfalls versuchen möchte. Im Weinbaustädtchen Haro steht der Rioja-Hauptsitz des 1924 gegründeten Weinguts Ramón Bilbao. Chefwinzer und Geschäftsführer von Ramón Bilbao ist Rodolfo Bastida. «In den letzten zwanzig Jahren haben die Rioja-Weinbauern viel mehr Zeit in die Arbeit im Rebberg investiert», sagt der Winzer. Die wegen der Klimaerwärmung tendenziell steigenden Temperaturen beeinflussen auch den Wein: «Alte Rioja-Jahrgänge, etwa 1964 oder 1973, hatten rund 12 Prozent Alkohol. Heute kommen wir auf 14 Prozent, obwohl wir früher ernten.» Auch im Keller habe im Rioja ein Sinneswandel stattgefunden, erklärt Bastida: «Früher dachten die Winzer, ein Wein, der lange im Eichenfass ausgebaut wurde, sei garantiert gut. Jetzt möchten wir alle die Frucht zum Ausdruck bringen.»
Ramón Bilbao besitzt 180 Hektar Rebberge und kauft zusätzlich Trauben von anderen Winzern ein, vor allem Tempranillo, die für frische und elegante Weine sorgen. Das Flaggschiff des Weinguts Ramón Bilbao ist der Mirto mit Tempranillo-Trauben von über siebzigjährigen Rebstöcken. Bei der Degustation präsentiert sich selbst das Jahr 1999, Bastidas Premiere, noch immer in Form. Die Weine von Ramón Bilbao sind ähnlich wie jene von Ysios Vertreter eines modernen Rioja-Stils, mit einer schönen Brombeeraromatik. Sie stehen für die Zukunft in dieser von Traditionen geprägten Gegend.
Text: Reto E. Wild
Bild: Das Weingut Ramón Bilbao
Gute Adressen
Durch Rioja Alavesa führt eine Weinstrasse. Details unter turismo.euskadi.eus oder alavaturismo.eus.
Unterkünfte: An der Weinstrasse, im mittelalterlichen Städtchen von Laguardia, steht die Hospederia Los Parajes, die Hotel, Spa, Vinothek und Restaurant in einem ist. Die Zimmer sind ebenfalls historisch eingerichtet. Modern präsentiert sich die Bodega Finca de los Arandinos, rund eine Fahrstunde südlich von Laguardia und etwas abgelegen.
Restaurants: In Logroño, in einer unscheinbaren Querstrasse, befindet sich das modern eingerichtete Michelin-Sterne-Lokal Ikaro. Sympathische Alternative auf dem Land: das Restaurant Moncalvillo, ebenfalls mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Die meisten Tapas-Bars in Logroño verteilen sich auf die Fussgängerstrassen San Agustin, Laurel, Marqués de Vallejo und San Juan.