Bild: Kuoni und asia365 unterstützen das Unternehmen Elephant Hills in Thailand, wo ehemalige Arbeitselefanten in einer möglichst tierfreundlichen Umgebung besucht werden können.
Nachhaltige Entwicklung ist ein wichtiges Thema bei Kuoni. Das Unternehmen engagiert sich im Klima-, Tier- und Meeresschutz und setzt sich für die Menschenrechte und den Kinderschutz ein. Ein Gespräch mit Emma Arvidsson, Head of Corporate Responsibility.
Frau Arvidsson, die Kuoni-Marken werben mit dem Eigenlabel «engage» für mehr Nachhaltigkeit im Tourismus. Können Reisen ins Ausland überhaupt nachhaltig sein?
Die Vereinbarkeit von Nachhaltigkeit und Tourismus wird oft in Frage gestellt, weil der Nachhaltigkeitsaspekt allein auf das Klima reduziert wird. Ferien im Ausland sind, ausser Sie verreisen zu Fuss oder mit dem Velo, mit dem Ausstoss von CO₂ verbunden. Wir definieren Nachhaltigkeit aber umfassender und orientieren uns an den 17 Nachhaltigkeitszielen der UNO, den sogenannten Sustainable Development Goals (SDG). Unser Fokus liegt auf dem Schutz von Klima, Meer und Tieren, aber auch auf Menschenrechten und Kinderschutz. Der Tourismus ist eng mit anderen Branchen verknüpft und hat grosses Potenzial, einen positiven Beitrag zu leisten. Als «people’s business» kann er schnell lokale Wertschöpfung generieren. Das sieht auch die UNO so, die den Tourismus in den SDG mehrmals erwähnt.
Warum hat Kuoni mit «engage» ein eigenes Label eingeführt?
«engage» hat zwei Ausprägungen: Es schafft Orientierung im Labeldschungel, indem es in unseren Katalogen und Online-Auftritten als übergeordnetes Symbol Hotels hervorhebt, deren Nachhaltigkeitsbemühungen bereits mit einem vom Global Sustainable Tourism Council anerkannten Label ausgezeichnet worden sind. Zum anderen verleihen die Spezialistenmarken von Kuoni das Label kleineren, familiengeführten Hotels und Partnern, die ohne offizielles Zertifikat wertvolle Beiträge zur Nachhaltigkeit leisten.
Neben zertifizierten Hotels – wie kann ich meine Ferien noch nachhaltiger gestalten?
Wählen Sie einen Reiseveranstalter, der sich für einen verantwortungsvollen Tourismus einsetzt und lokale Projekte unterstützt. Kuoni ist als erster grosser Reiseveranstalter der Schweiz markenübergreifend mit dem «TourCert»-Siegel ausgezeichnet worden. Es ist sinnvoll, in der Nebensaison zu reisen, um vom Tourismus abhängigen Menschen in den Zielgebieten ein regelmässigeres Einkommen zu ermöglichen. Bei Strecken bis zu 800 Kilometern empfehlen wir den Zug oder einen Reisecar. Fällt die Wahl auf einen Flug, empfiehlt es sich, einen Direktflug zu buchen und die CO₂-Emissionen zu kompensieren. Vor Ort sollten lokale Produzenten unterstützt werden. Bei Ausflügen ist schliesslich darauf zu achten, dass der Tierschutz, Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden. Die Kuoni-Marken treffen eine Vorselektion für die Kunden. Elefantenreiten in Thailand beispielsweise kann man bei uns nicht mehr buchen.
Sie haben die CO₂-Kompensation bei Flügen angesprochen. Wie viele Ihrer Kunden nutzen das Angebot?
Wir schlagen unseren Kundinnen und Kunden die Kompensation vor. Auf Kurzstrecken wird häufiger der volle Betrag kompensiert. Für eine vierköpfige Familie unterwegs nach Thailand ist das aber rasch zu viel. Dann wird oft ein Teil des Betrags gespendet. Auch so kommt jedes Jahr eine schöne Summe zusammen. Im Jahr 2021, das bekanntlich kein gewöhnliches Jahr war, haben die Kunden der Kuoni-Marken 60 000 Franken kompensiert.
Es gibt auch kritische Stimmen gegenüber myclimate. Wohin fliesst das Geld?
Die Reihenfolge muss lauten: reduzieren, optimieren, kompensieren. Jede und jeder entscheidet selbst, ob, wie oft und für wie lange sie oder er fliegt. Die Kundinnen und Kunden tragen hier eine Mitverantwortung. Aber wenn geflogen wird, ist die Kompensation sinnvoll. Wir arbeiten ausschliesslich mit myclimate zusammen, einer in der Schweiz anerkannten Stiftung mit höchstem Standard. Mindestens 80 Prozent des Erlöses fliessen in die Projekte. Wir unterstützen ein Projekt, das in Haushalten in der Nähe des Kakagema-Regenwaldes in Westkenia Kocher einführt, damit die Frauen kein Brennholz aus dem Wald holen müssen. Unser Nordland-Spezialist Kontiki fördert ein Trinkwasserprojekt in Uganda, bei dem eine schwedische Technologie eingesetzt wird.
Wie wirkt sich die Coronapandemie auf das Thema Nachhaltigkeit aus?
Auf Kundenseite stellen wir fest, dass die Menschen sich stärker an Werten orientieren und sich vermehrt fragen, was sie bewirken können. Die Sensibilität für das Thema hat zugenommen und mehr Menschen reflektieren, wie sie konsumieren möchten. Bisher zeigt sich das bekanntlich stark bei den Themen Ernährung und Kleidung. Ferien stehen noch weniger im Fokus, schlicht, weil es für viele die schönsten Tage im Jahr sind, an denen sie sich einfach entspannen und Spass haben möchten. Aber ich glaube, dass auch hier ein Umdenken stattfindet.
Und in den Destinationen?
Sehr unterschiedlich. In Südamerika, Asien und teils in Afrika wurden viele Projekte zurückgestellt. Andere Destinationen konnten die Krise nutzen und sich der Frage widmen, wie der Tourismus in Zukunft gestaltet werden soll. Mancherorts leiden die Einheimischen enorm unter den fehlenden Gästen, anderswo werden Vorkehrungen für eine über die Coronakrise hinaus angestrebte Plafonierung der Anzahl ausländischer Gäste vorangetrieben. In Key West, Florida, zum Beispiel dürfen in Zukunft keine grossen Kreuzfahrtschiffe mehr anlegen. Norwegen hat beschlossen, dass nur noch Schiffe, die gewisse Umweltstandards erfüllen, in die Fjorde fahren dürfen. Die Pandemie hat Trends beschleunigt, die bereits vorher zu beobachten waren.
Sind nachhaltigere Ferien teurer für Reisende?
Bei den Hotels gilt: Wir klären zuerst immer die Kundenbedürfnisse ab, also das Ziel der Reise, die Zeitspanne, das Budget. Erst in einem zweiten Schritt wird ein Filter im System aktiviert, der in diesem Rahmen explizit Hotels mit Engagement im Bereich Nachhaltigkeit vorschlägt. Nicht immer ist Nachhaltigkeit mit Mehrkosten verbunden. Bei den Ausflügen bezahlen die Kunden nicht mehr für die Nachhaltigkeit, sondern weil nachhaltigere Ausflüge oft ein schöneres, authentischeres Erlebnis sind. Das hängt schon mit der überschaubaren Gruppengrösse zusammen. Das Produkt ist ein anderes.
Interview: Stefanie Schnelli
Zur Person
Emma Arvidsson ist seit 2018 als Head of Corporate Responsibility für die Kuoni-Marken tätig. Die gebürtige Schwedin hat an der HSG International Affairs and Governance studiert.
Gut zu wissen
Die Kuoni-Marken asia 365, cotravel by Kuoni, Dorado Latin Tours, Helvetic Tours, Kontiki Reisen, Kuoni, Manta Reisen, MICExperts und Private Safaris sind alle TourCert-zertifiziert. Das international anerkannte TourCert-Siegel steht für Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung im Tourismus und verpflichtet zu stetiger Weiterentwicklung der Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Zudem setzt sich Kuoni in zwei Brancheninitiativen zum Schutz von Menschen und insbesondere Kindern ein.
kuoni.ch/nachhaltigkeit