Bild: Wilderness Safaris/Dana Allen
Nach zwei schwierigen Jahren erlebt die Reisebranche die Renaissance des Tourismus. Laura Meyer, seit Januar 2021 CEO der Hotelplan Group, verrät die neusten Trends und erklärt, wie sie mit ihrem Unternehmen abheben will.
Frau Meyer, Sie haben im Januar 2021, mitten in der Coronapandemie, Ihr Amt als CEO der Hotelplan-Gruppe übernommen. Welches Fazit ziehen Sie nach 18 Monaten?
Neben den vielen unerfreulichen Seiten der Pandemie zeigte diese auch eindrücklich, wie wichtig das Reisen ist: sei das für Touristinnen und Touristen, die es unglaublich vermisst haben, aber auch für die Destinationen, in denen viele Menschen vom Tourismus leben – global wird rund jeder zehnte Franken in unserer Branche verdient. Unsere Mitarbeitenden leisteten einen unglaublichen Effort, sie waren rund um die Uhr für unsere Kundinnen und Kunden sowie Partner da, buchten Reisen um, informierten proaktiv über Änderungen und bezahlten Geld zurück, auch wenn wir die Rückerstattung der Airlines erst viel später erhielten. Dieser Service zahlt sich nun aus: Wir werden weiterempfohlen wie nie zuvor und konnten zahlreiche Neukunden gewinnen. Für mich persönlich ist meine Aufgabe ein grosses Privileg: Die Hotelplan-Gruppe ist der grösste Schweizer Reisekonzern – nun gilt es, diesen durch anspruchsvolle Zeiten und in die Zukunft zu führen.
Gemäss dem Jahresbericht der Migros- Gruppe hat Hotelplan 2020 einen Verlust von 117 Millionen Franken verzeichnet. Sieht es für das Jahr 2021 ähnlich aus?
Wir konnten unseren Verlust trotz nochmaligem Umsatzrückgang im Geschäftsjahr 2020/21 stark reduzieren – auf CHF 41 Millionen. Dies war dank der geringeren Kostenbasis und stringentem Kostenmanagement möglich. Dieses Jahr erwarten wir noch einmal ein klar besseres Resultat.
Corona überdeckt doch aber auch den grundsätzlich negativen Trend bei Hotelplan. Das organische Wachstum war schon vor der Coronapandemie über die gesamte Gruppe gesehen negativ. Wie wollen Sie wieder organisches Wachstum erzielen?
Wir haben die Zeit während der Coronapandemie genutzt und unsere Strategie und Ziele geschärft, das Portfolio optimiert und Wachstumspläne pro Geschäftsfeld definiert. Die Bündelung von Hotelplan und Migros Ferien mit der deutschen Marke vtours gibt uns neue Möglichkeiten im Bereich Städte- und Badeferien und führt schon heute zu Wachstum in Kerndestinationen. Bei den Ferienhäusern und -wohnungen, ein spannender Wachstumsmarkt, vergrössern wir unser Portfolio stetig und erweitern das Serviceangebot. Hier profitieren wir vom Workation-Trend, der Kombination von Arbeit und Ferien. Unser Geschäft in England war sehr stark von Reiseeinschränkungen während der Pandemie betroffen, wir sehen aber einen starken Nachholeffekt. Naturnahes Reisen und der Outdoor-Trend unterstützen zudem unseren Wanderspezialisten Inntravel. Der Trend hin zu Bleisure-Trips, Geschäftsreisen in Verbindung mit Freizeit, sind eine Chance für unser Geschäftsreisesegment. In diesem Bereich haben wir während der Coronapandemie dank unserem Serviceangebot sehr viele Neukunden gewonnen. Mit der Marke Migros Ferien haben wir vor Kurzem Zugreisen lanciert, weitere neue Produkte werden folgen.
Im Markenportfolio zeigt sich Interhome als sehr stabil. Der Vermieter von Ferienwohnungen hat aber auch von der Coronakrise profitiert. Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung von Interhome ein?
Der Ferienwohnungsmarkt war schon vor der Pandemie wachsend. Die Coronakrise hat diesen Trend weiter verstärkt, denn viele haben entdeckt, welche Qualität Ferienwohnungen und -häuser bieten. Zudem gibt es weitere Möglichkeiten, da vermehrt auch längere Aufenthalte gefragt sind, zum Beispiel für Workation. Wir sind für die Zukunft entsprechend gerüstet und haben Wachstumspläne für die Interhome-Gruppe.
Sie sind Digitalisierungsexpertin, haben unter anderem bei der UBS Schweiz den Bereich für digitalen Vertrieb und Analyse geleitet. Was sind Ihre Pläne diesbezüglich bei Hotelplan?
Unser Ziel ist es, herausragende Kundenerlebnisse zu ermöglichen – vor, während und nach der Reise. Digitale Kanäle spielen dabei eine wichtige Rolle, zum Beispiel, um sich für Ferien inspirieren zu lassen, damit die Kundinnen und Kunden alle Informationen für ihre Reise im Kundenportal einsehen können oder auch als Kommunikationskanal für Fragen, Feedbacks, etc. Wir investieren deshalb in unsere digitalen Kompetenzen und fokussieren uns auf alles, was den Kundinnen und Kunden direkt einen Mehrwert bietet. Sei dies im Kontakt mit uns oder in der Qualität und Relevanz der Informationen und Offerten, die wir den Kundinnen und Kunden bieten. Digital hat aber keinen Selbstzweck. Unsere Stärke ist gerade auch, dass wir persönliche Beratung und einen A-Z-Service bieten sowie 24/7 selbst das Telefon abnehmen und allfällige Probleme lösen.
Wie beeinflusst die Digitalisierung das Reiseverhalten? Wo sehen Sie das USP von Hotelplan in der Zukunft?
Wir stehen für exzellente Kundenerlebnisse bei allem, was wir tun, und bieten auch immer mehr nachhaltige Reiseerlebnisse an. Heutzutage ist digital ja alles irgendwie möglich und man findet jede Information irgendwo, und zu jeder Unterkunft gibt es tausende Reviews. Unser USP ist, dass wir Kundinnen und Kunden den Aufwand abnehmen, sich selber durch den Informationsdschungel zu kämpfen. Wir offerieren ihnen das passende Angebot, egal ob online oder persönlich, ob Badeferien in Griechenland oder eine Rundreise durch Costa Rica. Nach gebuchter Reise stellen wir sicher, dass alles wie gewünscht funktioniert und stehen den Kundinnen und Kunden bei Anliegen jederzeit zur Seite. Die hohe Zufriedenheit und eine starke Weiterempfehlungsrate gibt unserer Strategie recht.
Die Marke Travelwindow und das eigene Start-up Bedfinder wurden beide eingestellt. Wo lagen die Schwierigkeiten? Und welche Stellung übernimmt vtours, das seit Herbst 2019 zur Hotelplan-Gruppe gehört, innerhalb des Konzerns?
Travel.ch wurde bereits Ende 2017 eingestellt. Eine Neubeurteilung des Markenportfolios hat damals ergeben, dass zu viele Überschneidungen mit Migros Ferien und Hotelplan bestanden und es somit sinnvoller war, die vorhandenen Mittel künftig in diese Marken zu investieren. Die Integration von Bedfinder bei vtours war ein strategischer Entscheid. Dadurch können innerhalb der Hotelplan-Gruppe Synergien in den Bereichen Produktbeschaffung, Technologie und Fulfillment genutzt werden. Die White-Label- Partner profitieren so von vorteilhaften Konditionen, die sich aus dem zentralen Produkteeinkauf ergeben. vtours ist Teil unseres Volumengeschäfts und eine wichtige Säule, um dieses nachhaltig erfolgreich aufzustellen. Zudem gibt vtours als dynamischer Reiseveranstalter wertvolle Impulse für die ganze Hotelplan-Gruppe was Automatisierung und Effizienz anbelangt.
Noch ein Blick auf die Sommerferien: Was sind die Trends dieses Jahr?
Bei Hotelplan Suisse sind die beliebtesten Reiseziele für die Sommerferien aktuell Destinationen um das erweiterte Mittelmeer wie Griechenland mit den Inseln Kreta, Kos und Rhodos, Spanien mit Mallorca und den Kanarischen Inseln, Zypern, Italien und die Türkei. Aber auch die USA, Kanada oder die Malediven sind sehr gefragt. Die Kundinnen und Kunden wollen sich in ihren Ferien wieder etwas gönnen und buchen entsprechend eine höhere Hotelkategorie oder ein Zimmer- Upgrade. Bei Interhome Group stehen bei unseren Schweizer Gästen Ferien in der Schweiz, in Italien, in Frankreich, in Spanien und in Kroatien hoch im Kurs.
Denken Sie, die Coronapandemie wird das Reiseverhalten von Herr und Frau Schweizer nachhaltig verändern, und falls ja, wie?
Was bleibt, ist das Fernweh und die grosse Reiselust. Wichtiger wurde das Bedürfnis nach Sicherheit, Service und Flexibilität. Als Reiseveranstalter, der für Vertrauen und Kompetenz steht, ist das ein Vorteil und mit ein Grund dafür, dass wir viele Neukunden gewinnen konnten. Bereits vor der Pandemie bestehende Trends wie Ferien in der Nähe, «once in a lifetime experiences» oder naturnahe Erlebnisse haben sich akzentuiert. Zudem bin ich überzeugt, dass Workation-Aufenthalte dank der Möglichkeit aus dem Homeoffice zu arbeiten, aber auch Bleisure-Trips, beides Trends, die ich bereits erwähnt habe, auch in Zukunft gefragt sind.
Wie und wohin reisen Sie persönlich gerne?
Ich reise gerne vielfältig, abenteuerlich und trotzdem kindergerecht, da ich zwei Söhne habe, die vier und sechs Jahre alt und zum Glück auch schon sehr reiselustig sind. Man findet mich im E-Auto durch Europa tingelnd, die schönsten Strände der Mittelmeerinseln erkundend, auf Safari im südlichen Afrika oder auf den Ski in den Schweizer Bergen.
Interview: Markus Weber / Stefanie Schnelli
Zur Person
Seit Januar 2021 ist Laura Meyer CEO der Hotelplan Group. Die 41-Jährige verfügt über einen Master of Law der Universität Zürich und einen Master in Business Administration INSEAD. Zuletzt war sie seit 2015 als Executive und später Managing Director und Head of Digital Distribution & Analytics bei der UBS Switzerland AG tätig.