Auf seinen «Last Degree»-Trips nimmt der Arktis-Experte Thomas Ulrich Reisende mit an den Nordpol. Eine Expedition an eigene Grenzen, in eine faszinierende Landschaft voller Schönheit.
Es gibt nicht mehr viele Reisen, die wirklichen Abenteuergeist erfordern. Die Winkel der Welt sind entdeckt, kaum ein Ort, an dem nicht schon Tausende Reisende ebenfalls waren, und dank moderner Technik ist die Zivilisation auch in der Wildnis oft nur einen Anruf entfernt. Die «Last Degree»-Trips von Thomas Ulrich bilden eine Ausnahme. Auf exklusiven Expeditionen bricht der Berner mit kleinen Gruppen von höchstens zwölf Personen und zwei Guides zum Nordpol auf. 120 Kilometer legen die Teilnehmer auf Skis und mit dem eigenen Schlitten an der Hüfte auf dem schwimmenden Eis zurück. Temperaturen von bis zu minus 40 Grad, arktische Stürme, Begegnungen mit Eisbären und körperliche Erschöpfung sorgen für Extremerfahrungen und bringen an Grenzen. Das Erlebnis aber bleibt unvergesslich und hinterlässt Spuren im Leben, sagt Ulrich. Er ist Experte für Abenteuer. Sie sind sein Beruf. Mit 17 Jahren bestieg er im Winter zum ersten Mal die Eiger-Nordwand. Später machte er sich international einen Namen als Fotograf für Extrem-Kletterer – indem er für eine bessere Perspektive mit Stelzen in die Wände stieg. Er ist leidenschaftlicher Gleitschirmpilot und bei Filmproduktionen in den Bergen oder in der Luft der Mann fürs Extreme: Als ausgebildeter Bergführer sorgt er beim Dreh für bestmögliche Sicherheit. Sicherheit geht auch bei seinen geführten Expeditionen an den Nordpol über alles. Ulrich ist einer von rund einem Dutzend international zertifizierter Polarguides weltweit und kennt die Region und ihre Bedingungen wie kaum ein anderer. 2006, nach drei Jahren Vorbereitung, brach er zu seinem bisher kühnsten Projekt auf: der Überquerung des arktischen Ozeans von Russland nach Kanada. Eine Distanz von 2000 Kilometern, die er alleine in drei Monaten zurücklegen wollte. Doch die Expedition stand unter einem schlechten Stern. Ulrich musste schon in der ersten Woche einen Notruf absetzen. Er konnte in letzter Minute gerettet werden. Ein herber Rückschlag für Ulrich. Nur ein knappes Jahr später zog es ihn aber zurück aufs Eis. Zusammen mit einem norwegischen Kollegen wandelte er drei Monate lang auf den Spuren des Arktispioniers Fridtjof Nansen vom Nordpol aus nach Franz-Josef-Land. Die Reise wurde zu einem Erfolg, die beiden «Abenteurer des Jahres» von National Geographic. Doch seine Vision des «Transarctic Solo»-Trips lässt Ulrich nicht mehr los. 2015 wird er es nochmals versuchen und sich erneut alleine in der eisigen Wildnis absetzen lassen. Wer den Abenteurer einmal in die Arktis begleiten will, hat im April 2015 die nächste Gelegenheit dazu. Nötig ist eine gute körperliche Verfassung und vor allem Durchhaltewille. Und wie Ulrich sagt: «Jede grosse Leistung beginnt mit der Entscheidung, es zu versuchen.»
Das Treffen mit Thomas Ulrich fand im Rahmen eines «Gipfelgesprächs» der Pilatus-Bahnen statt.
Text Stefanie Schnelli, Bilder Thomas Ulrich