Im Kanton Graubünden gibt es mehr als 600 Seen. Ihr klares Wasser lockt an vielen Orten zum Baden. Wer sehr kälteempfindlich ist, geniesst die schönen Stimmungen am Ufer.
Einer der bekanntesten Seen des Bündnerlandes hat eines der grössten Geheimnisse: Niemand weiss genau, woher das Wasser des wunderbar türkisblauen Caumasees bei Flims kommt. Klar ist, dass es sich um Schmelzwasser handelt, das ihn unterirdisch auffüllt. Die Quelle jedoch konnten Forscher trotz Tests mit gefärbtem Schnee und Wasser bis heute nicht identifizieren. Strahlend liegt er vom Wald umrahmt da, mit einer kleinen, grünen Insel in der Mitte, und behält sein Geheimnis für sich. Dafür war schon früh bekannt, dass das Wasser des «Sees der Mittagsruhe», wie er auf Deutsch heisst, angeblich heilende Kräfte hat.
Graubünden ist verwöhnt an landschaftlicher Schönheit – und reich an Wasser. 615 Seen gibt es im grössten Kanton der Schweiz. Von einsamen Wasserflächen wie dem Lai da Rims, der zwischen Berggipfeln nichts als den Himmel spiegelt, über im Wald verborgene Kleinode wie den Crestasee, oder sagenumwobene Gewässer wie den Urdensee bis hin zu geschäftigen Badis mit Glace-Kiosk und Spielplatz wie am Heidsee finden alle Wasserratten den richtigen Platz für ihren perfekten Sommertag. Die Bademöglichkeiten sind in den letzten Jahren sogar gestiegen: Weil den Savogninern zum Sommerglück ein See fehlte, wurde kurzum einer geschaffen: Der Lai Barnagn ist im Winter ein Parkplatz, im Sommer wird er mit Quellwasser gefüllt und zu einem der wärmsten Badeseen der Alpen. Mit Wasserpark, Spielplatz und Streichelzoo ist er vor allem bei Familien sehr beliebt. Auch der Lag Claus in Sedrun war nicht schon immer da. Er wurde – sehr idyllisch – aus einer Baugrube des Gotthard-Basistunnels geschaffen. Einen traurigeren Hintergrund hat der Laghet la Greina, der erst 2016 seinen Namen erhalten hat und nur existiert, weil der Terrigletscher schmilzt.
«Ein spektakulärer See», sagt der Bündner Wasserbotschafter und Expeditionsschwimmer Ernst Bromeis, der Taufpate des Laghet la Greina war. «Die Überraschung ist gross, wenn man abseits der Wanderwege auf der Greina-Ebene plötzlich vor diesem 500 Meter langen See steht.» Für sein Projekt «Das blaue Wunder», das auf die Kostbarkeit des Elements Wasser aufmerksam macht, ist Bromeis unter anderem den gesamten Rhein von einer der Quellen am Lukmanierpass bis zur Nordsee geschwommen. Die Bündner Bergseen haben es dem Engadiner, der in Davos lebt, aber besonders angetan. Im Sommer 2008 hat er viele von ihnen durchquert. «Jeder See ist anders, fühlt sich anders an», erzählt er. Weil Bergseen meist klar sind, ist das Schwimmen in ihnen eindrücklich. «Baumstämme, Steine und Sandbänke bilden richtige Unterwasserlandschaften.» Eine Schwimmbrille lohnt sich.
Kaltes Wasser, ruhiger Kopf
Speziell in Erinnerung geblieben sind Bromeis die Seen bei Vals wegen ihres sandigen Grundes, der malerische Palpuognasee im Albulatal sowie der Lej dal Rosatsch im Rosegtal, einer der höchstgelegenen Seen Graubündens. «Auf fast 3000 Meter über Meer zu schwimmen, in dieser fantastischen Bergwelt mit Blick auf Piz Bernina und Biancograt ist ein besonderes Erlebnis», schwärmt er. In der Mitte eines solchen Sees fühlt man sich eins mit der Natur, ist durch fast nichts von ihr getrennt. «Ein archaisches Abenteuer. Körper und Geist sind gefordert, aber auch berauscht vom Adrenalin und der schönen Umgebung.» Ungeübten rät Bromeis, nahe am Ufer zu bleiben. «Als Faustregel gilt: Pro Grad Celsius kann etwa eine Minute gebadet werden.» Wichtig sei, sich langsam zu akklimatisieren und den nötigen Respekt zu haben. Bromeis vergleicht mit dem Apnoetauchen: «Man muss sich Zeit nehmen, eine gewisse Ruhe einkehren lassen. Auch darum hat das Schwimmen in alpinen Seen etwas Meditatives.»
Von Stefanie Schnelli
Welcher See für wen?
Für Warmduscher: Der Lai Barnagn gilt als einer der wärmsten Seen. Auch Cresta- und Caumasee, Davosersee, Heidsee, Lag Claus, Lej da Staz, Lej Nair und Untersee (Arosa) sind badefreundlich.
Für Sportskanonen: Der St. Moritzersee zieht Segler an, der Silvaplanersee Kite- und Windsurfer. Davoser- und Heidsee haben Wassersportzentren.
Für Romantiker: Die Oberengadiner Seen haben schon Segantini, Wagner und Nietzsche inspiriert.
Für junge Gäste: Familien mögen den Lai Barnagn, den Lag Claus und den Heidsee besonders.
Für Entdecker: Die Schönheit des Lagh da Saoseo, das Blau des Lägh dal Lunghin oder die Ruhe der Natur am Laghet la Greina.
Neues am Wasser:
Seit 2016 verkehrt auf dem Lago di Poschiavo das grösste Passagierschiff des Kantons, die fast 100 Jahre alte Sassalbo. Sie war vorher auf der Aare unterwegs und wurde über zwei Pässe nach Poschiavo gebracht. Seit diesem Jahr hat Lenzerheide die ersten Foxtrails in den Bergen. Die kürzere Schnitzeljagd führt um den Heidsee, inklusive Unterwasserbotschaften und steuerbaren Wasserfällen. Auf dem Wasser wird nach der Premiere 2016 vom 19. August bis 17. September 2017 wieder ein Wakeboardlift in Betrieb sein. Der Lüschersee existiert seit 1910 nicht mehr. Seine Geschichte ist verbunden mit den Schieferrutschungen am Heinzenberg und den schlimmen Verwüstungen, die der Wildbach Nolla jeweils angerichtet hatte. Im Juni wurde ein Erlebnisweg zum Thema mit dem Namen «Glaspass – ein Berg im Fluss» eröffnet. Eine neue kulinarische Wanderung führt entlang des Brigelser Badesees von Brigels nach Andiast und zurück. In drei Gaststätten geniesst man dabei ein besonderes 3-Gang-Menü. Infos und Daten: www.surselva.info