Borneo ist zwar die drittgrösste Insel der Welt, doch im malaysischen Bundesstaat Sabah sind die Wege kurz. Die Natur-Erlebnisse dort sind beeindruckend – und vor allem einzigartig.
Die beiden Baumstämme schwanken stark. Der kleine Orang-Utan klammert sich mit seiner rechten Hand und dem rechten Fuss an einen Stamm, mit seinen anderen zehn Fingern und Zehen greift er nach dem zweiten Stamm. Neugierig schaut er seine Beobachter an, während die Stämme immer mal wieder weiter auseinander driften, bevor der Orang-Utan sie zu sich zurückzieht. Dann hat er genug gesehen. Er klettert einen der beiden Stämme hinab und verschwindet im Dschungel.
Der dichte Wald beginnt gleich hinter Shangri-La’s Rasa Ria Resort. Das Luxushotel befindet sich nördlich von Kota Kinabalu, der Hauptstadt von Sabah. Sabah wird auch «Land unter dem Wind» genannt, weil es südlich des pazifischen Taifungürtels liegt. Es ist einer von zwei malaysischen Bundesstaaten auf der Insel Borneo, die sich drei Länder aufteilen: Malaysia, Indonesien und das Sultanat Brunei. Wer sich für Ferien in Sabah entscheidet, profitiert von kurzen Wegen: Luxushotels und Golfplätze grenzen an dichtesten Dschungel, und die weltbesten Tauchgebiete sind nur einen kurzen Flug oder einen Bootstrip entfernt.
Das Shangri-La Rasa Ria Resort ist nur eines von vielen Beispielen. Der Weg zum Hotel führt bereits durch den 18-Loch-Golfplatz. Die Lobby ist offen gestaltet und hat keine Wände, gen Westen blinzelt das Meer durch die Palmen. Doch was ist das? Ein Orang-Utan, mitten in der Lobby? Der Mitarbeiter im Affenkostüm begrüsst herzlich die kleinen Gäste und erzählt ihnen schon einmal, dass seine Verwandten gar nicht so weit weg wohnen. Gleich da hinten, um die Ecke im Dschungel. Keine Frage: da leuchten die Kinderaugen bereits zum ersten Mal.
Das Luxushotel ist Sport-, Kinder- und Wellnesshotel in einem. Auf der riesigen Anlage ist Platz für ausreichend Pools, grosszügige Liegeflächen, Golf- und Tennisplätze sowie ein traumhaftes Spa. Der Strand ist breit und lang, der Sand so weiss und fein, dass es kitzelt, wenn er durch die Zehen rieselt. Die Hotelanlage bietet alles für entspannte Ferien – und doch geht das Shangri-La einen Schritt weiter. In Kooperation mit dem Sepilok Orangutan Rehabilitation Centre werden im Rasa Ria Nature Reserve Orang-Utans aufgezogen, Menschenaffen, die es nur auf Borneo und Sumatra gibt. Seit 1964 zieht das Sepilok Orangutan Rehabilitation Centre verwaiste Affenkinder auf und ermöglicht ihnen eine Rückkehr in den Dschungel. Im Shangri-La ist zweimal am Tag Fütterung für die kleinen Orang-Utans, was «Menschen aus dem Wald» bedeutet. Und wenn die Orang-Utans sich über ihr Futter hermachen, dürfen die Besucher von der Plattform aus zuschauen und mit ihrem Eintrittsgeld das Projekt unterstützen.
Doch nicht nur die Menschenaffen lassen Kinderaugen leuchten. Wenn sie nicht so schwierig zu finden wären, würden auch die Borneo-Zwergelefanten für entzückte Ausrufe sorgen. Und dies nicht nur bei kleinen Gästen. Die vom Aussterben bedrohten Tiere leben einzig auf Borneo, und zwar im Nordosten der Insel. Sie gelten als besonders zahm und zutraulich und sind zum Beispiel im Tabin-Wildreservat anzutreffen.
Unter Wasser ist die Tierwelt von Borneo ähnlich spannend wie an Land. Die Insel Sipadan gilt als einer der weltbesten Tauchspots, regelmässig lassen sich hier Riffhaie, Barrakudas und Schildkröten beobachten. Um die hochsensible Unterwasserwelt zu schützen und teilweise wieder aufzubauen, haben sich mehrere marine Naturschutzprojekte in Sabah etabliert. Eines davon hat sein Zentrum auf der Insel Pulau Gaya direkt vor Kota Kinabalu. Dem MERC (Marine Ecology Research Center) ist es dort gelungen, alle sieben Arten der in malaysischen Gewässern vorkommenden Riesenmuscheln zu züchten. Dadurch hat sich sein Standort an der Malohom Bay in den vergangenen Jahren zu einer Kinderstube für Riesenmuscheln entwickelt.
Wer im angrenzenden Hotel Gayana Eco Resort Ferien macht oder als Besucher vorbeischaut, kann sich nicht nur über die Riesenmuscheln informieren, sondern auch Pate einer Koralle werden. Zunächst sammeln die Mitarbeiter des MERC bei ihren Tauchgängen zu den Riesenmuscheln abgebrochene Korallenstücke ein. Diese pflanzen Besucher in spezielle Zementschälchen, die später an künstlichen Riffs ausgesetzt werden. Wer Pate ist, bekommt regelmässig Updates zu seiner Koralle zugesandt.
Weil Pulau Gaya zum Tunku Abdul Rahman National Park gehört, ist man hier auch bestens aufgehoben, wenn man die malaysische Unterwasserwelt mit eigenen Augen sehen möchte. Alle drei Hotels der Insel bieten Tauchgänge an, wobei die Tauchspots meist per Boot angefahren werden. Einmal unter Wasser, warten dort Clownfische, die neugierig und auch ein wenig angriffslustig ihre Anemone verteidigen. Und mit ein wenig Glück verharrt mittendrin in all dem bunten Gewusel ganz weise eine Meeresschildkröte. Sie scheint sich ein wenig über die Besucher mit ihren grossen Augen hinter den Tauchmasken und den vielen Luftblasen zu wundern, schaut einen nach dem anderen neugierig an – und gleitet elegant davon.
Mittagessen gibt es im Padang Point Restaurant. An grossen runden Tischen wird der Lunch auf Plastiktellern serviert. Verschiedenste chinesische Nudeln mit Meeresfrüchten und Fisch, Maissuppe gegen den Flüssigkeitsverlust beim Tauchen oder Hühnchenspiesse mit Erdnusssauce. Alles ist extrem günstig – und schmeckt extrem gut. Auf dem Rückweg zum Hotel stoppt das Taucherboot auf einmal und dreht um. Die Tauchguides gestikulieren wild und zeigen auf den Dschungel. Je näher das Boot kommt, desto besser sieht man es: Die Blätter der Bäume bewegen sich wie wild, als wenn Affen von einem Baum zum anderen hüpfen würden. Orang-Utans leben nicht auf dieser Insel – dafür lustig anzusehende Nasenaffen. Und wer hätte es gedacht? Auch diese gibt es ausschliesslich auf Borneo.
Von Angela Pietzsch, Bilder: Shangri-La