In letzter Zeit räumten die frischen und fruchtigen Weissen aus dem Waadtländer Féchy bei internationalen Weinwettbewerben ab. Den Winzern ist eine erstaunliche Wandlung gelungen.
Schloss Aigle im Juni 2017: Über achtzig internationale Juroren verkosten für den Wettbewerb Mondial du Chasselas gegen achthundert Weine. Mit der Traumnote von 93,9 (von 100 Punkten) gewinnt die Réserve des Sociétaires Féchy der Société des Caves de Producteurs Mont-Féchy die Hauptkategorie der trockenen Weissen – vor grossen Lagen wie Dézaley aus dem Lavaux oder Chasselas aus dem Wallis.
Immer wieder setzten sich in letzter Zeit Weine aus Féchy gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz durch. Weinjournalist Martin Kilchmann spricht deshalb vom «unterschätzten Haus wein der Schweizer». Und das Schöne daran: Qualitativ hochstehende Weine kosten meist nicht viel mehr als 10 bis 16 Franken.
Der Grund für die tiefen Preise ist einerseits die gegenüber dem Lavaux viel kostengünstigere Bewirtschaftung der Reben. Doch Winzer Pierre-André Gallay (43) aus der Nachbargemeinde Mont-sur-Rolle führt noch eine Erklärung an: «Viele Konsumenten sind nicht bereit, für einen Wein aus der Côte mehr Geld auszugeben. Wir haben einen grossen Konkurrenzdruck durch andere Appellationen.» Dabei muss man wissen, dass die Gemeinde Féchy am Genfersee zur AOC La Côte zwischen Genf und Lausanne gehört – eine von acht AOC (kontrollierte Herkunftsbezeichnungen) im Kanton Waadt. Die klassifizierten Rebflächen dehnen sich auf rund 170 Hektar aus und umfassen auch die Dörfer Aubonne im Osten Richtung Morges, Bougy-Villars sowie Perroy, wobei es kaum überrascht, dass die Weissweinsorte Chasselas mit über 90 Prozent dominiert. Die Analyse des Vignoble Classé von Féchy, welcher in 43 Parzellen aufgeteilt ist, hat vier wesentliche Bodentypen bestimmt: kalkhaltige Böden mit lehmigem Untergrund, solche mit schlammigem Untergrund, angeschwemmtes Material am Hanguntergrund sowie nicht kalkhaltige Böden auf Moränenablagerungen.
Wo heute die Reben wachsen, zog sich vor rund 20 000 Jahren der Rhonegletscher zurück und hinterliess den Genfersee. Erstaunlich dabei, dass die Böden innerhalb von nur wenigen Metern komplett unterschiedlich sein können – steinhaltige Böden und gleich daneben grobkörniger Sand beispielsweise.
«Wir müssen deshalb die Boden- und Terroir-Gegebenheiten kennen, um so die passenden Kultivierungsmethoden auszuwählen», erklärt Gallay. Der Winzer entschied sich, Ende 2013 in die Selbständigkeit zu gehen. Er bewirtschaftet seither 6,5 Hektar und produziert so 10 000 Weinflaschen pro Jahr – 95 Prozent davon sind Chasselas. Ausser den Saisonniers, die ihn während der Erntezeit unterstützen, macht der gelernte Önologe alles alleine, also auch die ganze Administration, den Verkauf und das Marketing. Der Anteil der Flaschen, die exportiert werden: «Null Prozent. Ich verkaufe hauptsächlich in der Region. In Zukunft möchte ich meinen Kundenstamm aber vergrössern, insbesondere in der Deutschschweiz.»
Ideale Voraussetzungen zur Reife
Wie ist es möglich, dass die Weine aus Féchy bei Wettbewerben teilweise über Vertreter aus dem Lavaux mit den privilegierten Steillagen triumphieren? «Topografisch ist Féchy genauso gut wie das Lavaux», begründet Pierre-André Gallay. Nur hätten früher die Winzer von der Côte eine Identitätskrise gehabt. Die Generation von heute wisse um die Stärke des Terroirs des Vignoble Classé von Féchy. Tatsächlich: Mit einem Gefälle von teilweise über 30 Prozent profitiert die klassifizierte Rebfläche von Féchy von idealen Voraussetzungen, die eine gute Reifung der Trauben erlauben. Die Terroir-Ausrichtung gegen Osten und Südosten ermöglicht zudem, dass die Böden ab dem frühen Morgen bereits erwärmt und die Weintrauben am Nachmittag von zu grosser Hitze geschützt werden. So behalten die Weine ihre gesamte Frische.
Das bestätigt auch Charles Rolaz (56), der aus einer alten Waadtländer Winzerfamilie stammt. «Unsere besten Terroirs befinden sich zwischen 385 und 550 Metern über Meer und profitieren vom Lac Léman als Ausgleich. Das sorgt für typische, frische und sehr fruchtige Chasselas mit Finesse und Charme. Im Abgang sind die Weine mineralisch und drücken ihr Terroir aus.» Ihn überrasche es nicht, dass Weine aus La Côte AOC besser abschneiden können als Vertreter des Lavaux oder des Chablais AOC mit Gemeinden wie Yvorne, Aigle oder Bex, denn schon die Klöster im Mittelalter hätten die Terroirs für die besten Weine genutzt.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fielen diese exzellent exponierten Hänge des Waadtländer Weinbaugebiets allerdings verstärkt dem Immobiliendruck zum Opfer. Deshalb beantragten die Winzer von Féchy eine Schutzzone. Seither ist es dort verboten, neue Gebäude zu bauen oder Strom- und Telefonmasten aufzu stellen. Wie stolz die Winzer von Féchy auf diese Klassifizierung im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung sind, zeigen sie mit der Aufschrift «Féchy, vignoble classé» auf ihren Flaschen. Dies ist lediglich Weinen mit dem Prädikat Grand Cru und mit Produktionsort Féchy vorbehalten, wobei Chasselas die einzig erlaubte Traubensorte ist. Nachdem Vinum und GaultMillau Vertreter aus der Region in die Liste der besten Winzer aufgenommen haben, müsse es jetzt, so Charles Rolaz, darum gehen, den Vertrieb der Schweizer Weine im Ausland zu erhöhen. Nur gerade zwei Prozent dervon Féchy eine Schutzzone. Seither ist es dort verboten, neue Gebäude zu bauen oder Strom- und Telefonmasten aufzu stellen. Wie stolz die Winzer von Féchy auf diese Klassifizierung im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung sind, zeigen sie mit der Aufschrift «Féchy, vignoble classé» auf ihren Flaschen. Dies ist lediglich Weinen mit dem Prädikat Grand Cru und mit Produktionsort Féchy vorbehalten, wobei Chasselas die einzig erlaubte Traubensorte ist.
Nachdem Vinum und GaultMillau Vertreter aus der Region in die Liste der besten Winzer aufgenommen haben, müsse es jetzt, so Charles Rolaz, darum gehen, den Vertrieb der Schweizer Weine im Ausland zu erhöhen. Nur gerade zwei Prozent der helvetischen Tropfen werden exportiert. «Aber ich bin zuversichtlich, dass dieser Prozentsatz in Zukunft steigen wird, weil die Konsumenten von heute, gerade die jüngsten Generationen, zwar etwas weniger, dafür besser trinken.» Von diesem Qualitätsbewusstsein profitieren die Schweizer Weine. Jean-Luc Kursner (48), Präsident von Vin et Terroir Féchy und Bruder des Winzers Pierre-Yves, zeigt sich ebenfalls zuversichtlich. «Die Vereinigung unserer Winzer arbeitet sehr gut zusammen und entwickelt mehr und mehr Grands Crus, die bei den Kunden gut ankommen. Féchy ist heute nicht nur ein Terroir, sondern auch eine Marke, der Chasselas ein USP.» Die Neuzüchtungen Gamaret und Garanoir seien zudem hervorragende Botschafter für im Barrique vinifizierte Rotweine aus dem Waadtland. Mit einem Lächeln fügt Rolaz an: «Unsere Botschaft lautet, dass ein exzellenter Wein zu verkosten, auch gut für die Gesundheit ist.» Santé!
Von Reto E. Wild
WEINFÜHRER FÜRS SMARTPHONE
Die neue App «Vaud:Guide» ist ein multi-medialer Begleiter für Wanderungen und Spaziergänge in den berühmten Waadt-länder Weingegenden. www.vinsfechy.ch