«Junge Schweiz – Neue Winzer» nennt sich eine Vereinigung, der 27 aufstrebende Schweizer Weinmacher angehören. 2020 feiert der Verein seinen zehnten Geburtstag.
An der Weinmesse «Expovina Primavera» in Zürich trat 2010 erstmals eine Gruppe von jungen Schweizer Winzern gemeinsam auf. Die Reaktionen beim Publikum und in den Medien waren derart positiv, dass im Mai des gleichen Jahres der Verein «Junge Schweiz – Neue Winzer» (JSNW) gegründet wurde.
Von den jungen Winzern von damals sind inzwischen nicht mehr viele mit dabei: beim JSNW herrscht bei 39 Jahren die Altersguillotine. Weiter gilt: Wer Mitglied werden will, muss eine abgeschlossene Ausbildung als Winzer haben, bereit sein, Erfahrungen auszutauschen und Schweizer Wein mit Leidenschaft und Sorgfalt keltern. Heute gehören dem Verein 27 Winzerinnen und Winzer aus elf Kantonen an. Er profitiert davon, dass bei traditionsreichen Winzerfamilien wie Weinbau von Tscharner aus Reichenau GR, Hansruedi Adank aus Fläsch GR, Schwarzenbach Weinbau aus Meilen ZH, Wehrli Weinbau aus Küttigen AG, der Cave Caloz aus dem Wallis oder Hubervini aus dem Tessin eine neue Generation von Winzern das Zepter übernommen hat. JSNW-Präsident und Winzer Mathias Bechtel aus Eglisau ZH sagt: «Der Verein hat eine gute Grösse. Wir können dynamisch agieren, ohne träge zu werden. Gleichzeitig sind wir repräsentativ, weil wir mit Graubünden und dem Tessin, der Deutschschweiz und der Westschweiz die gesamte Schweiz in drei Sektoren abdecken.»
Imagepflege für den Schweizer Wein
JSNW, so Bechtel, sei aus einem «wilden Haufen von Jungen, die noch wenig Erfahrung hatten», entstanden. Heute gehe es den jungen Schweizer Winzern darum, die Qualität des Schweizer Weins zu verbessern. Die Mitglieder seien alle gut ausgebildet, hätten aber im Rebberg noch nicht so viel Erfahrung. «Durch den Verein ist ein grosses Netzwerk mit Know-how entstanden. Das bringt die Qualität des Schweizer Weins und dessen Image weiter.» Die Mitglieder treffen sich einmal pro Monat und degustieren den Rebensaft vor den Abfüllungen. Und sie treten gemeinsam an Messen auf.
Mathias Bechtel, der eine Winzerlehre absolvierte, sich in Changins VD zum Kellermeister weiterbildete und 2008 erstmals eigene Weine kelterte, geht mit gutem Beispiel voran. «Ich suche das Extreme», antwortet er auf die Frage, welche Art von Wein er produzieren möchte. «Bei fruchtigen Sorten wie Sauvignon Blanc versuche ich, die Aromatik so intensiv wie möglich zur Geltung zu bringen.» Der gebürtige Bündner bewirtschaftet in Eglisau 3,6 Hektar und investierte 2018 in einen neuen Keller, damit er die Trauben vor Ort verarbeiten kann.
Austausch ohne zu vereinheitlichen
Bechtel macht sich heute schon Gedanken, ob infolge der Klimaerwärmung beispielsweise der Pinot Noir auch in zwanzig Jahren noch die richtige Traubensorte für das Zürcher Unterland sein wird. Er fragt sich, ob es besser wäre, auf Sorten wie Merlot, die Sonne und Wärme mögen, zu setzen. «Die Beere benötigt genügend Vegetationszeit. Wenn die Trauben immer früher reifen und die Reifezeit abnimmt, verliert die Frucht an Komplexität», erklärt der Winzer.
Er und seine Berufskollegen von JSNW testen neue Wege, etwa mit dem Ausbau in Tonkrügen oder Orange Wine, also Weisswein, der wie ein Roter hergestellt wird. Anne-Claire Schott aus Twann am Bielersee setzt auf einen Pinot Gris, der auf der Maische vergoren, sulfitfrei und unfiltriert ist, was allerdings nicht alle mögen. Der JSNW-Präsident sagt dazu: «Wer bei uns Mitglied werden will, muss offen sein. Obwohl wir uns regelmässig austauschen, sind wir weit davon entfernt, unsere Weine zu vereinheitlichen. Jeder soll sich beim Herstellen von Wein nach seinem Gusto ausleben.»
Mathias Bechtel selbst versucht immer wieder, Klischees und Regeln zu brechen – auch was die Kombinationen mit dem Essen betrifft. Der rote Garanoir mit seiner schönen Frucht, Frische und leichter Würze passe beispielsweise verblüffend gut zu Fondue.
Die Konsumenten profitieren davon, dass der Verein «Junge Schweiz – neue Winzer» vermehrt Kontakt mit Restaurants und Hotels sucht. So werden im Romantikhotel Bären in Dürrenroth im Emmental alle drei Monate andere Weine eines JSNW-Jungwinzers im Offenausschank zum Kennenlernpreis angeboten. Mathias Bechtel erklärt: «Unsere Weine sollen vermehrt auf die Karten der Gastronomen kommen. Qualitativ hat der Schweizer Wein in den vergangenen Jahren stark zugelegt und er ist gegenüber hochstehenden Weinen aus dem Ausland auch preislich absolut konkurrenzfähig.»
Text: Reto E. Wild
Mehr Informationen: jsnw.ch