Hotelplan Suisse schliesst das Geschäftsjahr positiv ab. Ein Gespräch mit CEO Kurt Eberhard über die digitale Revolution, den Zusammenbruch von Air Berlin und neue Abteilungen.
Hotelplan Suisse hat das Geschäftsjahr bereits Ende Oktober abgeschlossen. Sind Sie zufrieden mit dem Resultat?
Grundsätzlich geben wir noch keine Zahlen bekannt, was wir aber bereits sagen können: Wir sind zufrieden mit dem Geschäftsjahr, es ist bedeutend besser als das vergangene. Das Resultat ist positiv. Wir verzeichnen Zuwächse sowohl beim Umsatz als auch bei den Passagierzahlen.
Haben Sie damit den zweistelligen Rückgang im Umsatz und bei den Passagierzahlen des vorletzten Geschäftsjahres kompensieren können?
Wir sind noch nicht ganz auf dem Niveau von 2015. Aber wir sind wie erwähnt wieder auf Wachstumskurs.
Die Digitalisierung hat den Reisemarkt komplett verändert. Google, Booking.com, Ebookers und Airbnb sind wichtige Player geworden. Und vor Kurzem hat der amerikanische Online-Riese Fareportal seinen Europasitz in Zug gegründet. Wie geht Hotelplan mit der digitalen Revolution um?
Wir haben in den vergangenen Jahren stark in die Webtechnologie investiert. Wir können heute auf unseren Internetseiten hotelplan.ch und migros-ferien.ch Verfügbarkeiten von Hunderttausenden von Hotels und Flügen abrufen und diese innert Sekundenbruchteilen zu Pauschalangeboten schnüren. Technologisch sind wir die Nummer eins unter den Schweizer Anbietern. Unsere stärksten Mitbewerber im Netz sind denn auch nicht die Veranstalter aus unserem Land, sondern international tätige Firmen, die aus der Technologieecke kommen. Gegenüber ihnen haben wir aber den Vorteil, dass wir mit unseren über hundert Reisebüros unsere Kunden mit einem Multi-Channel-Ansatz bedienen können. Wenn ein Kunde bei uns online eine Buchung tätigt, wird er automatisch einer Filiale zugeteilt. Der Hotelplan-Kunde hat also bei Bedarf jederzeit einen Ansprechpartner in der Nähe seines Wohnorts.
Auch auf Ebene der Hotelplan-Gruppe haben wir uns auf die digitale Revolution eingestellt: Für den internationalen Markt bieten wir seit September 2016 mit «bedfinder» Reise-Dienstleistungen im Bereich B2C und B2B an. Das Start-up-Unternehmen, das ebenfalls in Glattbrugg seinen Sitz hat, ist eine Zusammenarbeit mit Google eingegangen und bis jetzt in den USA und in Grossbritannien aktiv.
Vor Kurzem haben Sie auch Ihre Online-Marke travel.ch eingestellt. Wieso?
Hinter travel.ch stand ursprünglich eine Retailer-Idee. Das heisst, auf dieser Plattform haben wir auch Produkte anderer Veranstalter angeboten, während auf hotelplan.ch nur eigene Produkte vermarktet wurden. Nun überführen wir die Technologie von travel.ch in hotelplan.ch. Damit wird hotelplan.ch im Laufe des nächsten Jahres auch Fremdprodukte anbieten. Der Kunde wird aber immer genau feststellen können, ob er nun eine Hotelplan-Reise oder Ferien von einem anderen Anbieter bucht.
Wie nimmt Hotelplan Suisse Einfluss auf die online angebotenen Produkte? Beziehungsweise wie stellt Hotelplan deren Qualität sicher?
Die Technologie hilft uns, alle wichtigen Bewertungsportale in unsere Beurteilungen miteinzubeziehen. Die von uns angebotenen Hotels prüfen und bewerten wir allerdings selbst. Es ist also gut möglich, dass Tripadvisor ein Resort mit fünf Punkten bewertet und dieses bei uns strenger benotet wird, weil wir den anspruchsvollen Schweizer Gast im Auge haben. Wir sprechen bei unserem Angebot von «managed content» im Gegensatz zum «unmanaged content» anderer Online-Anbieter. Dazu kommt, dass wir im Vergleich mit Veranstaltern, die eigene Hotels besitzen und diese füllen müssen, beim Bewerten der Hotels völlig unabhängig und neutral sind, da sie uns nicht gehören.
Früher besass Hotelplan ebenfalls eigene Resorts und Inseln. Könnte die vertikale Integration mit eigenen Objekten angesichts der Austauschbarkeit der Produkte auf dem Netz allenfalls wieder ein Thema für Hotelplan sein?
Eigene Hotels zu besitzen, lohnt sich nicht mehr, dafür ist unser Markt zu klein. Dazu kommt, dass bei politischen Umstürzen oder Umweltkatastrophen ein nicht mehr gefragtes Hotel nicht einfach in ein anderes Land verfrachtet werden kann. Schiffe wären schon flexibler. Obwohl wir die Strategie früher zum Teil verfolgt haben, ist die vertikale Integration für uns kein Thema mehr. Der Haupt-grund: Wir möchten frei, flexibel und unabhängig beraten können.
Hat der Zusammenbruch der Air Berlin Auswirkungen auf Ihr Geschäft?
Die finanziellen Auswirkungen sind für uns zum Glück einigermassen verkraftbar, da wir uns schon frühzeitig mit dem drohenden Aus auseinandergesetzt und Vorkehrungen für unsere Kunden getroffen hatten. Wir mussten Hunderte von Passagieren umbuchen. Ich muss aber dem Personal von Air Berlin ein grosses Kompliment aussprechen: Man arbeitete dort bis zuletzt sehr professionell. Wir haben schon im Sommer unsere Zusammenarbeit mit Airlines wie Edelweiss, Helvetic oder Aegean ausgebaut. Für unsere benötigten Charterplätze und Kontingente haben wir genügend Alternativen. Auswirkungen, vor allem preisliche, wird der Reisende aber auf Strecken spüren, auf denen kein Markt mehr spielt und die Lufthansa-Gruppe nun das Monopol hat. Die aktuellen Tarife nach Frankfurt, Brüssel und München lassen nichts Gutes erahnen. Flüge nach Berlin oder Mallorca werden bestimmt teurer werden.
Sie investieren gegenwärtig in eine neue Abteilung im Bereich Sportreisen. Wieso gerade jetzt?
Hotelplan Suisse ist ein Veranstalter mit dem Anspruch, die gesamte Welt anzubieten, nicht nur geografisch, sondern auch themenspezifisch. Den Bereich Sport deckten wir bis jetzt nur zum Teil ab, weil wir für bestimmte Themen die Spezialisten nicht hatten. Im Ski- und Heliski-Bereich haben wir nun Profis an Bord geholt, welche das für uns wichtige Know-how sicherstellen können.
Hotelplan wirbt mit dem Slogan «100 Prozent schweizerisch». Was ist damit gemeint?
Wir produzieren in der Schweiz, die Auswahl der Produkte geschieht hier und wir stehen zu unseren Schweizer Wurzeln. Unser Unternehmen gehört bekanntlich zur Migros und somit ihren 2,2 Millionen Genossenschaftern. Mit Fug und Recht können wir also sagen: Hotelplan ist der Reiseveranstalter der Schweizer Bevölkerung.
Was kann Hotelplan, was andere Anbieter nicht können?
Wenn ich Hotelplan Suisse beispielsweise mit Booking.com vergleiche, sind wir deutlich näher am Reisenden. Wir kommunizieren wie eingangs erwähnt nicht nur online mit unseren Kunden. Wir können mit unseren über 100 Filialen die Verbindung zwischen on- und offline herstellen. Gerade wenn vor Ort Probleme auftreten, Flüge und Hotels wegen höherer Gewalt umgebucht werden müssen oder ein Notfall auftritt, schätzen unsere Kunden sehr, dass sie nicht alleingelassen werden. Und auch im Vergleich mit klassischen Reiseveranstaltern, die zuerst ihre eigenen Hotels füllen müssen, haben wir Vorteile. Diese bestehen darin, dass wir eben nicht die eigenen, sondern die in einer Destination jeweils besten Produkte verkaufen können. Unsere Neutralität in der Produktebewertung und im Produkteangebot ist für den Kunden ein unschätzbarer Mehrwert. Übrigens sind auch Profis der Meinung, dass Hotelplan und Travelhouse – eine weitere Marke von uns für Individualreisen – in vielen Bereichen die Nase vorn hat. Gerade vor Kurzem sind wir von der Reisebranche in verschiedenen Kategorien als bester Reiseveranstalter der Schweiz ausgezeichnet worden.
Interview: Markus Weber
Kurt Eberhard, 57, steht seit Juli 2014 an der Spitze von Hotelplan Suisse. Seit 2010 ist er Mitglied der Geschäftsleitung. Davor war er unter anderem Geschäftsführer, Teilhaber und Mitgründer des Schaffhauser Reisespezialisten Let’s go Tours AG.