Einzigartige Erlebnisse auf Deck, eine familiäre Atmosphäre und spezielle Routings sind die Hauptgründe, weshalb Kreuzfahrten auf Segelschiffen wie der Royal Clipper immer beliebter werden.
Mit Cornelia Gemperle, General Manager Kuoni Cruises, sprach Markus Weber im Juni 2016.
Frau Gemperle, Sie kommen gerade zurück von einer Mittelmeerreise mit der Royal Clipper. Was macht eine Kreuzfahrt mit diesem Fünfmaster so speziell?
Das Naturerlebnis auf einer Segelkreuzfahrt ist im Vergleich mit einer klassischen Kreuzfahrt viel grösser. Das Leben spielt sich vor allem auf Deck ab. Den Wind in den Haaren, einen kühlen Drink in der Hand, den Blick auf die Weite des Meeres gerichtet – es gibt kaum etwas Schöneres als Ferien auf einem Segelkreuzer. Ein grosser Vorteil ist die kleine Zahl der Gäste. Die Royal Clipper nimmt maximal 220 Passagiere mit. Da wächst die Gästeschar rasch zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammen. Man spürt das Schiff auch noch richtig – die Wellen, die Bewegungen, das Meer. Grandios. Täglich werden mindestens einmal die Segel gesetzt und die Gäste können sich aktiv an den Manövern beteiligen. Man fühlt sich dadurch als Teil der Mannschaft. Grossartig ist auch die sogenannte Marina-Plattform, welche die Royal Clipper ins Wasser runterlassen kann. Von dort können die Gäste direkt ins Meer springen.
Ist auch das Routing anders als bei klassischen Schiffen?
Ja, die Routings sind spezieller, denn die Schiffe fahren viel kleinere Häfen an. In Sizilien legen sie zum Beispiel in Giardini Naxos bei Taormina anstatt in Catania oder Palermo an. Die schönsten Sehenswürdigkeiten werden sozusagen direkt angesteuert. Faszinierend finde ich auch die Momente des Segelsetzens, was immer dann der Fall ist, wenn das Schiff aus einem Hafen ausfährt. Die Segeltuchfläche des Fünfmasters ist gewaltig: 5000 Quadratmeter werden jeweils aufgezogen. Segelromantik pur.
Wie unterscheiden sich die drei Segelschiffe der Reederei Star Clippers?
Die Royal Clipper ist der einzige Fünfmaster, die beiden anderen sind Viermaster. Star Clipper und Star Flyer sind baugleiche Schiffe, die etwas kleiner sind. Sie wurden 1991 beziehungsweise 1992 in Betrieb genommen. Die Royal Clipper wurde 2000 gebaut. Die Einrichtung der drei Schiffe ist aber durchaus vergleichbar.
1992 gebaut? Entspricht da der Komfort noch den heutigen Anforderungen?
Ja, die Schiffe werden permanent aufgefrischt. Eine grosse Renovation der beiden Schwesterschiffe fand 2014 statt. Und die Royal Clipper wurde 2013 auch schon umfassend renoviert. Alle Schiffe befinden sich in einem beneidenswerten Zustand.
Welches der drei Schiffe ist Ihr Favorit und wieso?
Persönlich gefallen mir die beiden kleineren Schiffe fast noch besser. Sie sind eine Spur intimer als die Royal Clipper.
Ist eine Reise auf einem dieser Schiffe teurer als eine klassische Kreuzfahrt?
Ja, die Preise sind leicht höher als auf einem vergleichbaren klassischen Kreuzfahrtschiff und liegen auf Premium-Schiff-Niveau. Aber für das einzigartige Segelerlebnis und das familiäre Ambiente abseits des Massentourismus sind die Preise äusserst fair gestaltet.
Plant Star Clippers bereits ein neues Schiff?
Die Reederei Star Clippers wird voraussichtlich im Frühling 2018 mit einem neuen Schiff auf den Markt kommen. Die Flying Clipper, so heisst das neue Prachtexemplar, wird mit Platz für 300 Passagiere etwas grösser sein als die Royal Clipper.
Für wen eignen sich Ferien auf einem Luxussegler?
In erster Linie richten sie sich an Individualisten, die fernab von grossen Touristenströmen ihre Ferien verbringen wollen. Man braucht dabei keine Segelkenntnisse. Segler sind wahrscheinlich sogar eher in der Minderheit unter den Gästen.
Muss man «seefest» und rüstig sein, weil man auch mitanpacken muss? Und dürfen Kinder ebenfalls mitreisen?
Man muss schon etwas fit sein. Es gibt ja auch keine Lifte auf dem Schiff. Ausserdem erfolgt der Landgang oft mit Tenderschiffen. Das Ein- und Aussteigen kann deshalb bei unruhiger See durchaus etwas wackelig sein. Kinder dürfen gerne mitreisen, es gibt aber kein Kinderprogramm. Ich empfehle die Schiffe deshalb für Familien mit Kindern ab 8 Jahren. Für interessierte Jugendliche ist es natürlich ein tolles Erlebnis, der Crew bei ihrer Arbeit über die Schultern zu blicken und Teil dieser Seemannschaft zu sein.
Wie sieht es mit Kleidervorschriften aus?
Kleidervorschriften gibt es nicht. Es wird zwar erwartet, dass Herren beim Abendessen in langen Hosen erscheinen, Jacke und Krawatte kann man aber getrost zu Hause lassen.
Welche Reedereien bieten Segelferien an und wie unterscheiden sie sich?
Neben den drei Schiffen der Reederei Star Clippers sind auch die beiden deutschen «Sea Cloud»-Schiffe sehr gefragt. Die kleinere der beiden wurde 1931 als Privatyacht gebaut. Sie ist gewissermassen eine lebende Legende und bietet Platz für 64 Passagiere. Die Sea Cloud II wurde 2001 als Kreuzfahrtschiff konzipiert. Dann gibt es auch Windstar Cruises, eine amerikanische Reederei, die drei Hightech-Segler in ihrem Angebot führt. Hightech bedeutet in diesem Fall, dass die Segel elektronisch aufgezogen werden und eine allfällige Mitarbeit der Gäste wegfällt. Die Schiffe von Windstar Cruises fahren hauptsächlich in der Karibik und im Mittelmeer. Sie werden vor allem im amerikanischen Markt gebucht, während die «Sea Cloud»-Schiffe ein mehrheitlich deutsches Publikum haben. Die «Star Clippers»-Schiffe, die sich in schwedischem Besitz befinden, weisen dagegen eine sehr durchmischte, europäische Gästeschar auf. Auch die französische Reederei Ponant verfügt über einen kleinen, exklusiven Hightech-Segler, der Platz für 64 Passagiere bietet. Alle diese Schiffe können übrigens auch für private Reisen gechartert werden.
Welche Destinationen eignen sich besonders für eine Segel-Kreuzfahrt?
Die Inselwelt der Karibik abseits der touristischen Routen ist ein Klassiker für Segelschiffe. Auch die kroatische Küste mit Hvar, Split oder Kotor in Montenegro ist ein beliebtes Ziel von Segelkreuzern. Besonders exotisch sind die Routings in der indonesischen Inselwelt mit Bali, Lombok und Komodo, die von den Schiffen der Star Clippers angefahren werden. Windstar hat ein Schiff in der Südsee und steuert die schönsten Inseln Polynesiens an. In Asien bieten die Schiffe übrigens auch Equipments für Taucher an.
Welche Region ist Ihr Favorit?
Ich finde das Mittelmeer nach wie vor eine der besten Kreuzfahrt-Regionen. Die Vielfalt – kulturell, historisch, kulinarisch und klimatisch – ist hier einfach unschlagbar. Man muss gar nicht immer weit fliegen.
Cornelia Genperle war schon auf allen sieben Weltmeeren unterwegs.