Aromen aus der Ferne, visuelle Effekte, harte Arbeit und die Weiterentwicklung traditioneller Gerichte: Der Hamburger Sternekoch Kevin Fehling weiss, aus welchem Stoff kulinarische Träume sind.
Wie man Kevin Fehling und seinem neunköpfigen Team so zuschaut bei der äusserst sorgfältigen Mise en Place, begreift man einen der Leitsätze des jungen Sternekochs: «Die Kunst liegt auch in der Reduktion.» Die einzelnen, bewusst klein gehaltenen Leckerbissen werden mit der Pinzette (!) präzise auf dem Teller platziert und zu einem visuellen Gesamtkunstwerk arrangiert.
Dank der Mengenreduktion absolvieren die Gäste des Hamburger In-Lokals The Table das siebengängige Menü mühelos. So wirken die Vorspeisen – Fischbrötchen, Labskaus, Spargel, Pistazie und Kirsche, die Soft-Shell-Crab «Marokko» sowie das Thai-Bun – tatsächlich als Appetizer, während die Nachspeise – Schokolade, Zitrone und Cantuccini – den perfekten Schlusspunkt hinzaubert. «Hat’s geschmeckt?», fragt der Meister am Schluss bescheiden und geht von Gast zu Gast, um das Feedback einzuholen.
Überhaupt gibt sich der mit 38 Jahren jüngste Drei-Sterne-Koch Deutschlands erfrischend unprätentiös und plaudert zwischen den einzelnen Gängen über seine Kochphilosophie. «Ich betrachte den ganzen Planeten als Lieferanten, denn so können wir die unterschiedlichsten Geschmacks welten kombinieren. Meine Ideen entstehen im Urlaub, durch Zufall, während der Arbeit, durch neue visuelle Effekte, aber auch durch die Weiterentwicklung traditioneller Rezepte.» So entdeckt Kevin Fehling beispielsweise das Potential eines Appetizers als Hauptgang oder Dessert. Dann pröbelt und verfeinert er – talentiert und hartnäckig – bis zur Geburt einer neuen, oft grandiosen Rezeptur oder Kreation. «Aber auch modernste Küchentechnik gehört zur Haute Cuisine, so wie die Automobilbranche für ihre Fortschritte hoch entwickelte Produktions methoden benötigt», ergänzt Fehling und schlägt damit gekonnt die Brücke zum italienischen Autohersteller Maserati. Seit Frühling 2016 ist er deren Markenbotschafter. Die Prestigemarke pflegt seit jeher enge Beziehungen zu internationalen Sterneköchen.
Kevin Fehlings Lebenslauf ist beeindruckend. Den ersten Stern des Guide Michelin holte er sich bereits 2008; 2011 folgte der zweite, 2013 erhielt er den dritten und stieg damit in den elitären Kreis der elf besten Köche Deutschlands auf. Wiederum zwei Jahre später eröffnete er das trendige «The Table» in der Hamburger Hafencity und erkochte sich, wen wundert’s, auf Anhieb seine drei Sterne zurück.
Alle drei Monate wechselt er im The Table das Menü und serviert Neukreationen. Auch in der Zeit dazwischen überrascht Fehling mit Einfallsreichtum und Talent, genährt von seiner Weltoffenheit. Und die kulinarische DNA? «Sich selber sein und vorwärts schauen», meint er spontan – und glaubhaft.
Von Werner Knecht