Die Corona-Krise hat die Kreuzfahrten-Branche hart getroffen. Der Trend führt hin zu kleineren Schiffen, glaubt Cornelia Gemperle.
Cornelia Gemperle, die Corona-Krise hat den Kreuzfahrten-Sektor besonders hart getroffen. Während die Grenzen für den Tourismus wieder offen sind, haben Länder wie Australien oder die USA ihre Häfen für Kreuzfahrtschiffe noch immer gesperrt. Verschiedene Reedereien führen bis im Herbst keine Reisen durch. Wann findet die Branche zurück in die Normalität und warum ist der Weg länger als beispielsweise im Flugverkehr?
Es ist unglaublich schwierig, Prognosen zu machen. Ich hoffe, dass im Herbst etwas mehr Normalität zurückkehrt. Man muss dafür verstehen, dass die Reedereien vor aussergewöhnlich komplexen Herausforderungen stehen. Ein Punkt ist hier die Internationalität, sowohl auf der Route selbst, wo oft verschiedene Länder angefahren werden, wie auch an Bord mit einem internationalen Publikum. Die Einreisebestimmungen ändern sich zurzeit extrem schnell und sind je nach Herkunftsland nicht für alle Passagiere gleich, Zubringer-Flüge werden annulliert und Häfen geschlossen. Zudem müssen die Reedereien klären, wo sie im Falle eines Covid-19-Ausbruchs an Bord die kranken Passagiere an Land bringen können und was das für die restlichen Gäste bedeutet. Die Kreuzfahrt-Industrie hatte diesbezüglich schlechte Presse zu Beginn der Krise. So etwas kann und will sich niemand mehr leisten. Viele Reedereien annullieren darum ihre Abfahrten, bis Klarheit herrscht.
Was wird unternommen, um die Sicherheit an Bord zu erhöhen?
Es werden verschiedenste Massnahmen geprüft und durchgesetzt. Zum einen wird selbstverständlich die Zahl der Gäste an Bord begrenzt. Zum anderen wird noch mehr geputzt und desinfiziert. Buffetrestaurants müssen umdisponieren, es werden teilweise wieder fixe Tische und Essenszeiten zugeteilt, damit die Gäste nur mit einer begrenzten Zahl von anderen Passagieren in Kontakt kommen. Auch für das Ein- und Ausschiffen gibt es vielleicht bald fix zugeteilte Zeiten, damit die Zahl der Passagiere im Terminal beschränkt ist. Zudem werden die Schiffe wo nötig mit besseren Lüftungssystemen, wie man sie aus Flugzeugen kennt, ausgerüstet.
Wie steht es bei den Expeditionskreuzfahrten? Die Schiffe sind ja kleiner.
Das ist richtig, ja. Sie haben aber die gleichen Probleme wie die grossen Schiffe. Zudem ist die medizinische Versorgung an Land bei sehr exotischen, abgelegenen Destinationen wahrscheinlich schwieriger zu gewährleisten.
Welche Alternativen gibt es bei den Routings?
Da gehen die Reedereien unterschiedliche Wege. Bei sehr grossen Schiffenn wie sie Royal Caribbean hat, wird über reine Seereisen nachgedacht. Das macht Sinn, weil da die Schiffe an sich die Destination sind und die Gäste nicht unbedingt an Land gehen möchten. Andere wie Aida und Tui Cruises prüfen Kurzkreuzfahrten, bei denen ebenfalls keine oder nur wenige Häfen angelaufen werden. So können Gäste und Fans trotz allem Seeluft schnuppern und Zeit auf einem Schiff verbringen. Die französische Reederei Ponant hingegen hat Routings aufgesetzt, bei denen nur französische Häfen angelaufen werden. Es gibt spannende Projekte.
Wie ist die Nachfrage zurzeit?
Sehr verhalten. Auf der einen Seite sind doch etliche Gäste bereit, ihre abgesagte Reise ins 2021 zu verschieben, und andererseits wird es in Zukunft noch schwieriger, Erstkreuzfahrer für diese bequeme Reiseart zu begeistern. Erste positive Erfahrungsberichte von Reisen ins Ausland können nur helfen, die Lust zu fördern.
Kuoni Cruises hat soeben einen Exklusiv-Vertrag mit dem Schweizer Veranstalter boataffair an Land gezogen. Wie wird das Angebot von Kuoni Cruises damit erweitert?
Boataffair vermietet auf der ganzen Welt Yachten an Gäste. Das Angebot reicht von kleinen Motoryachten über Katamarane und Segelschiffe bis zu grossen, sehr luxuriösen Superyachten. Die meisten dieser Schiffe werden mit Crew gebucht. Das verspricht sehr entspannte Ferien mit viel Privatsphäre. Das Unternehmen gehört einem Schweizer und wurde in der Schweiz gegründet. Wir waren bereits im vergangenen Jahr im Gespräch, nun passt die Zusammenarbeit perfekt: Erstens verfolgen wir damit unsere Strategie, das Angebot von Schiffen für kleine Gruppen auszubauen – 2019 haben wir unseren ersten Sailaway-Katalog für Yachtkreuzfahrten und Segeltörns herausgegeben. Zweitens gehen wir davon aus, dass aufgrund der Corona-Krise kleinere Schiffe gefragt sind. Durch die Zusammenarbeit mit boataffair können wir unseren Kundinnen und Kunden auf der ganzen Welt sehr schöne Alternativen zu den Ozeanriesen bieten.
Interview: Stefanie Schnelli
Zur Person
Cornelia Gemperle ist Geschäftsführerin des Kreuzfahrt-Spezialisten Kuoni Cruises. Das Unternehmen hat über 40 Reedereien im Angebot und deckt alle Bereiche von Schiffsreisen ab: von den klassischen Seereisen über Flusskreuzfahrten, Yacht- und Segeltörns (Katalog «Sailaway»), Expeditionsreisen (Katalog «Terra Incognita») bis zu Reisen in Gruppen mit eigener Kuoni-Reiseleitung an Bord («Meer erleben»).
kuonicruises.ch