In den dunklen Wintermonaten verzaubert Finnisch Lappland mit Blockhausromantik, Hundeschlittenfahrten, Polarlichtern und einem Besuch beim Weihnachtsmann.
Im Licht der Morgendämmerung hat der Winter die Landschaft noch fest in seinen Fängen. Der Schnee knirscht unter den Füssen und Eiskristalle glitzern im fahlen Sonnenlicht. Alles liegt unter einer dicken Schneedecke verborgen, als ob die Natur sich vor der Kälte schützen wollte. Bei minus 23 Grad muss man sich erst daran gewöhnen, dass der Tag jenseits des Polarkreises ab 10 Uhr morgens nur langsam zu dämmern beginnt. Umso lauter bellt eine Meute Huskys, die bereits ins Geschirr gespannt ist.
Äkäslompolo im Norden Finnisch Lapplands ist so etwas wie das Tor zur Wildnis, denn es liegt in unmittelbarer Nähe zum Pallas-Ylläs National Park. Von den Holzhütten im Wald stapfen ein paar Gestalten in Thermo-Overalls durch den Schnee zu ihren Gespannen. Sechs Hunde ziehen jeweils an einem Schlitten. Hundeschlittenführer Nils-Heikki zeigt, was seine Gäste beachten müssen: sich breitbeinig auf die Kufen des Schlittens stellen und festhalten, als würde man einen Einkaufswagen schieben. Wem es zu schnell wird, der muss einfach mit beiden Beinen auf das Zackenblech springen, das zwischen den Kufen als Bremse dient. Und die Kommandos? «Nicht nötig», sagt Nils-Heikki. «Ich fahre vorweg, dann laufen alle Hunde sowieso hinter mir her.» Und in der Tat, die Huskys scharren schon aufgeregt im Schnee, dann legen sie sich kräftig ins Zuggeschirr und die Kufen der Schlitten gleiten über verschneite Waldpfade und zugefrorene Flussläufe.
Bald ist es drei Uhr nachmittags und längst wieder dunkel. «Kaamos» nennen die Finnen diese düstere Jahreszeit von November bis Ende Januar, in der man in wolkenlosen Nächten auch die meisten Polarlichter beobachten kann. Der lichtgewohnte Mitteleuropäer hingegen reagiert auf die ständige Dämmerung und die fast hörbare Stille mit zunehmender Müdigkeit. Frischluftvergiftung heisst das dann bei den Einheimischen.
Sauna überall
Die ewige Weite der Wildnis ist schön, vor allem wenn es unmittelbar nach einem Ausflug wieder in die Zivilisation geht. Und so lautet die frohe Botschaft nach einer eisigen Hundeschlitten-Safari: «Die Sauna ist warm!» In Finnland gehört nämlich eine Sauna zur täglichen Hygiene und ist keineswegs nur Freizeitvergnügen. Zwei Millionen Schwitzhütten soll es in Blockhäusern, Privatwohnungen, als mobile Holzboxen, auf Flössen und selbst auf dem Flughafen von Helsinki geben. Im Sportpark von Ylläs hat man sogar eine Seilbahngondel zur Sauna umgebaut.
Die Finnen sind ein kurioses Völkchen und wer glaubt, Weihnachten werde im hohen Norden nur einmal im Jahr gefeiert, der kennt die Einheimischen nicht. Von wegen Stille Nacht. Nur acht Kilometer nördlich von Rovaniemi in Joulupukin Pajakylä ist das ganze Jahr über Weihnachten. Schliesslich wohnt hier der Weihnachtsmann. Er hat sich am Polarkreis in einer Blockhütte eine gewinnträchtige Niederlassung mit Werkstatt und Poststelle eingerichtet. Mehr als eine halbe Million Briefe aus aller Welt muss er jedes Jahr beantworten. Hauptsächlich sind es Kinder, die ihm schreiben. Sie hoffen auf Weihnachtspost oder Geschenke, die ihnen der untersetzte Mann mit dem weissen Bart persönlich nach Hause schickt. Das ist viel Arbeit für ihn und seine Helfer. Seine fleissigen Wichtel sind ständig damit beschäftigt, für Nachschub an Weihnachtsartikeln in den vielen Souvenirbuden zu sorgen. «Wenn meine Kinder jetzt hier wären, müsste ich bald meine Kreditkarte im Schnee kühlen», fürchtet ein Vater aus Bern angesichts der Berge von Spielsachen. Aber zum Glück ist ja bei uns nur einmal im Jahr Weihnachten.
Von Margrit Kohl