Die Inselwelt der Lofoten im Norden von Norwegen besticht im Winter mit einer einzigartigen Atmosphäre und unvergesslichen Naturerlebnissen.
Im Sommer kann man sich eine Reise auf die Lofoten, das Inselarchipel im hohen Norden von Norwegen, gut vorstellen. Wanderungen in den zerklüfteten Bergen, die fast senkrecht aus dem Meer ragen, ein Tag an einem der weissen Sandstrände, eine Kajaktour bei Mitternachtssonne. Aber im Winter? Bei Dunkelheit, Kälte und Schnee am Meer?
Eine Gruppe von Besuchern lässt sich von diesen Attributen schon seit Jahrhunderten nicht abschrecken. Für sie sind die Lofoten im Winter der Place to be: Etwa von Januar bis April zieht der atlantische Kabeljau von der Barentssee an die Küste der Lofoten, um zu laichen, und mit ihm reisen Tausende Fischer aus dem ganzen Land auf die kleinen Inseln nördlich des Polarkreises. Lofotfiske nennen die Norweger die Saison, die bis heute wichtig ist für das Land. Der Skrei, der norwegische Kabeljau, gilt wegen der weiten Distanz, die er zurücklegt, als besonders schmackhaft und wird in Norwegen frisch oder getrocknet verwendet. Überall auf den Lofoten begegnen Besucher den typischen Holzgestellen, auf denen der Fisch an der frischen Luft getrocknet wird. Für die Wikinger war der Skrei Überlebensgrundlage. Heute wird der Fang als Stockfisch nach Portugal, Italien und bis nach Nigeria exportiert.
Ferien in einer Fischerhütte
Es ist eindrücklich, wie die Fischer vor Hunderten von Jahren mit ihren Holzbooten der manchmal stürmischen See trotzten und den Reichtum aus dem eiskalten Wasser fischten. Das Wikingermuseum in Borg auf der Insel Vestvågøy gibt Einblicke ins Leben der Nordmänner. Wie wichtig die Fischerei schon früh war, zeigt auch die Tatsache, dass König Øystein Magnusson bereits im 12. Jahrhundert Hütten bauen liess, damit die Fischer eine Unterkunft an Land hatten. Solche Rorbuer, traditionelle Holzhäuser, oft auf Stelzen und direkt am Meer gebaut, können heute von Besuchern gemietet werden. Es sind authentische Ferienwohnungen in kleinen Fischerdörfern, mit viel Charme und einer grandiosen Natur vor der Tür.
Unter dem Polarlichtoval
Wer in einem solchen Rorbu wohnt, dürfte um einen Angelausflug schlecht herum kommen. Aufs Meer zu fahren und das Abendessen selbst mit einer Schnur aus dem Meer zu ziehen, gehört in Norwegen sozusagen zum Kulturgut. Doch der Winter auf den Lofoten hat viel mehr zu bieten und verzaubert längst nicht nur Angelfreunde. Das fängt bei der vermeintlich ständigen Dunkelheit an, die so dunkel gar nicht ist. In den wenigen Stunden – die gegen den Frühling rasch zunehmen – in denen die Sonne den Horizont kitzelt, strahlt der Tag in ungewohnten, sanften Pastellfarben und Nuancen.
Noch spektakulärer ist das Nordlicht, das bei etwas Glück nachts über den Himmel tanzt. Auf den Lofoten ist die Chance, das Nordlicht zu sehen, besonders gross. Die Inseln liegen knapp unter dem Polarlichtoval. Bei einer Tasse Tee oder Kaffee hinter einem Fenster zu sitzen und nicht mehr zu tun, als in den Himmel zu spähen, ist also eine breit akzeptierte Beschäftigung.
Die Norweger selbst trifft man allerdings eher draussen an. Als ausgesprochene Outdoor-Menschen hält sie weder Schnee noch Dunkelheit davon ab, sich an der frischen Luft zu bewegen. Ein Muss, es ihnen gleich zu tun und die wilde Schönheit der Lofoten bei Aktivitäten zu entdecken. Die Berge laden zu Skitouren oder Schneeschuhwanderungen ein. Typisch für einen Aufenthalt im hohen Norden ist auch ein Ausflug auf einem Huskyschlitten. Pferdefans entdecken die Inselwelt hoch zu Ross, Wassersportler wagen sich in die eiskalten Wellen oder ins Kajak.
Wer sich für Seeadler interessiert, kann an einer Safari teilnehmen, bei der man die majestätischen Tiere bei der Jagd beobachten kann. Und auch eine andere mögliche Begegnung ist unvergesslich: ein Treffen mit wildlebenden Orcas. Die schwarz-weissen Wale sind regelmässig in den Gewässern der Lofoten anzutreffen. Sie kommen für ein Festmahl. Auch sie folgen dem Fisch.
Text: Stefanie Schnelli