Vor Kurzem ist auf den Malediven das erste First-Class-Hotel auf einer von Einheimischen bewohnten Insel eröffnet worden. Damit will die Destination vom Robinson-Crusoe-Image wegkommen.
Die Malediven sind Inbegriff für Traumferien schlechthin. Eine Vielzahl kleiner bis kleinster paradiesischer Inseln mit schneeweissen Sandstränden und glasklarem, türkisblauem Wasser, einer fantastischen Unterwasserwelt und üppiger, sattgrüner Vegetation liegt zerstreut mitten im tiefblauen Meer. Das führen uns die reich bebilderten Reisekataloge vor Augen. Und diese versprechen nicht zu viel. Im Gegenteil: Mit Fotografien kann man die wirkliche Schönheit der Malediven nicht gänzlich wiedergeben. Man muss sie gesehen und erlebt haben, um deren atemberaubende Pracht wirklich nachvollziehen zu können.
Nun, die einsame Trauminsel ist das Erste, was man mit dem 26 Atolle umfassenden Inselstaat mitten im Indischen Ozean assoziiert. Abgeschottet von Landeskultur und Gesellschaft kommen die Feriengäste höchstens am internationalen Flughafen von Male kurz in Kontakt mit den Einheimischen. Und das war es dann. Seit Ende 2014 haben anspruchsvolle Gäste jedoch die Möglichkeit, die Malediven etwas «volksnaher» kennenzulernen – und zwar ohne auf den gewohnten Luxus verzichten zu müssen. Im HaaDhaaluAtoll nämlich, rund 45 Flugminuten nördlich von der Hauptstadt Male, hat der Schweizer Christophe Groh vor zwei Monaten das «Barefoot Eco Hotel» seiner Bestimmung übergeben.
Es ist das erste FirstClassHotel auf einer bewohnten MaledivenInsel. Namentlich handelt es sich um Hanimaadhoo, wo rund 2000 Einheimische leben. Die Insel hat einen eigenen Flughafen und gehört mit 6500 Metern Länge und maximal 730 Metern Breite zu den grössten Inseln des Atolls. Das Gros der Angestellten im Barefoot Eco Hotel stammt aus dem Dorf.
Grohs Bestreben ist es, den im Hotel anfallenden Abfall selbstständig zu entsorgen (Müll ist auf den Malediven das grösste Problem), sämtlichen Strom durch Solarpanels selbst zu produzieren, das Trinkwasser eigenständig zu gewinnen und die Bevölkerung im Dorf bezüglich Umwelt aufzuklären und zu sensibilisieren. «Dadurch ändert sich auch das Bewusstsein unserer Gäste», sagt Groh. «Bei uns können sie die Malediven für einmal ganz anders erleben, auf authentische Weise.» Das hauseigene Conservation Center bringt interessierten Gästen die fragile Natur der Inselwelt nahe und setzt sich für deren Schutz ein. «Wir helfen der Natur, sich selber zu konservieren», sagt Flavio Sacco. Der junge Biologe aus Italien erklärt die Tätigkeiten des Conservation Center und demonstriert den Besuchern, wie er die Population der Meeresschildkröten in der Lagune beobachtet und akribisch dokumentiert. Ein
Pionier-Projekt
Das Barefoot Eco Hotel bietet seinen Gästen alles, was man auf den Malediven erwartet: stilvolles BungalowFeeling mit jeglichem Komfort inmitten wogender Kokospalmen, beste Küche und einen fantastischen Hausstrand mit kristallklarem Wasser. Gebaut ist die Anlage soweit möglich aus lokalen Materialien und funktioniert besonders energiesparend. Manta Reisen bietet das Barefoot Eco Hotel derzeit als erstes und einziges Schweizer Unternehmen an. Andreas Zgraggen, General Manager für den Indischen Ozean bei Manta Reisen, sieht im neuen Resort grosses Potential. Und tatsächlich: Bereits bei der Eröffnung Ende letzten November war das Haus sehr gut gebucht. Es werde jedoch seine Zeit brauchen, bis es sich in seiner Art etabliert hat, so Zgraggen.
Christophe Groh seinerseits stellt bei den MaledivenReisenden allmählich ein Umdenken fest. Immer mehr Touristen wollen auch etwas anderes erfahren als nur das EinsameInselFerienleben. Und das bekommen sie auf Hanimaadhoo auch wirklich geboten. Denn wo sonst können auf den Malediven Fahrräder für eine ausgiebige Tour über die Insel und quer durchs Dorf gemietet werden? Einzige Krux für den Hotelbetreiber und seine Gäste: Auf bewohnten Inseln darf im streng islamischen Staat per Gesetz kein Alkohol ausgeschenkt werden. Deshalb plant Groh nun eine Schiffbar, die in der Lagune ankern wird.
Spezialisten für alles
Als einzige Hotelinsel im Luxussegment vollständig in maledivischer Hand ist Baros. Das drittälteste Resort des Landes besteht bereits seit 1973, wurde jedoch unlängst komplett erneuert. Im Zuge der Renovationsarbeiten wurde auch ein Süsswasserpool errichtet, weil laut Inselbetreiber das Bedürfnis seitens der Gäste bestanden habe. Dieser ist jedoch farblich und von der Form her so geschickt konzipiert, dass er sich in die paradiesische Meereskulisse fast perfekt einfügt.
Kaum eine halbstündige Bootsfahrt von Male entfernt, lässt Baros kaum Wünsche offen. Mit ihrem Wahrzeichen, dem LighthouseGourmetrestaurant, kann die Insel als kulinarische Hochburg gehandelt werden. Ein Erlebnis mit Einmaligkeitsfaktor ist das LuxusDinner auf der hauseigenen Sandbank. Natürlich mit passender Begleitung zu den einzelnen Gängen: Das Weinlager der Insel ist beeindruckend und gibt nicht weniger als 6000 Flaschen feinster Tropfen her.
Eine weitere, von MaledivenReisenden vermehrt geschätzte Besonderheit: Baros hat eine eigene Kläranlage und versorgt sich energietechnisch autark. Auf der Insel sorgen 300 Angestellte für das Wohl der Gäste, wobei sich unter ihnen Spezialisten für fast alles befinden. Auf Handwerker von auswärts ist Baros kaum angewiesen. Das findet auch Andreas Zgraggen vorbildlich. «Es ist grossartig, wenn sich Einheimische so stark engagieren und etwas bewegen im eigenen Land. Und das ohne fremde Hilfe.» Dies ist etwas, das der Reiseveranstalter laut eigenen Aussagen explizit fördern will.
Von Andreas Fässler