Mit dem grossen Silvester-Feuerwerk läutet Valletta sein Jahr als europäische Kulturhauptstadt ein. Es ist der Startschuss für viele Aktivitäten, welche die Identität von Malta befragen und präsentieren.
2018 ist ein grosses Jahr für Malta. Valletta wird Kulturhauptstadt Europas, ein Ereignis, das die Bewohner mit Stolz erfüllt – und das sie mit ihrem ausgeprägten Sinn fürs Feiern nutzen wollen. Los geht es mit einer Eröffnungswoche, in der Strassenkünstler sowie offene Türen bei Museen und Palästen auf die Sehenswürdigkeiten einstimmen. An verschiedenen Orten und bis in den Sommer soll eine Kunstausstellung mit dem Titel «Die Insel ist das, was die See umgibt» in die maltesische Identität einführen. Dabei versetzen das Barockfestival und Opernabende im Teatru Manoel den Besucher ins Valletta des 17. Jahrhunderts, als die Johanniter das Sagen hatten und die Kunst Europas auf die Insel im Mittelmeer brachten. Ihr Grossmeister Jean de la Vallette gab der Gründung auf dem Reissbrett den Namen. Das Gesamtkunstwerk Valletta ist bereits seit 1980 Weltkulturerbe. Nun dienen die Herbergen der einzelnen Zungen, das sind die palastartigen Quartiere der Sprachgruppen des Ordens, als Kulturorte. So wird die Auberge d’Italie der italienischen Kreuzritter gerade als nationales Kunstmuseum MUŻA eingerichtet. Ein Besuchermagnet ist der Grossmeisterpalast mit seiner Respekt einflössenden Waffenkammer, ebenso wie der Palast des Inquisitors, wo neben vielen Gemälden auch noch ein wenig Folter-Grusel übrig geblieben ist. Als Geheimtipp darf noch die Casa Rocca Piccola gehandelt werden, ein adliges Wohnhaus mitten in der Altstadt. Zwar lässt die Familie de Piro schon seit Längerem Besucher in die reich dekorierten Räume ihres aristokratischen Zuhauses schauen. Doch ab 2018 bietet sie auch fünf stimmungsvolle Gästezimmer an – Frühstück im Garten inklusive. Ganz besonders schmückt sich Valletta mit seiner Waterfront, wo in 19 Lagerhäusern am Hafen der Kreuzritter eine beliebte Promenade mit Restaurants und Bars entstanden ist.
Das blüht dem Wanderer im Winter
Malta liegt 90 Kilometer südlich der sizilianischen Küste. So hat der maltesische Winter viele Sonnentage und Tagestemperaturen um die 16 Grad zu bieten. Es ist die Zeit, in der sich die Vegetation von der Sommerhitze erholt; eine fantastische Zeit auch, um die weissen Dörfer auf Malta, Gozo oder der fast menschenleeren Insel Comino zu erwandern. Auch wenn man Wälder vergeblich sucht, wird es stellenweise wieder grün, und im März, April blüht es sogar auf den Klippen. «Maltese rock flower» heisst die wilde pink-lila Nationalblume, die man bei einer Tour entlang der Dingli Cliffs im Westen Maltas entdecken kann. Der spektakuläre Ausblick auf die See lockt auch Kreuzfahrt-Tagestouristen an, die hier auf ihrer Inselrundfahrt mit dem Car einen Stopp einlegen. Für wenige Minuten herrscht geschäftiges Treiben am Parkplatz; der Kaktusfeigen-Verkäufer versucht, seine frischen, vorgeschälten Früchte oder eine Flasche Wasser an den Mann zu bringen. Dann kehrt wieder Stille ein. Immerhin befindet sich an der Bushaltestelle Dingli das «The Cliffs Interpretation Centre» (www. thecliffs.com.mt), das Öko-Wanderungen anbietet. Am Ende der Tour wird nur ein Trinkgeld nach Ermessen erwartet.
An den Klippen ankerten die Piraten
Ein Klassiker auf der Nachbarinsel Gozo ist die Küstenwanderung vom Fährhafen Mġarr ins Dorf Xewkija, das schon von der Fähre aus an seiner überdimensionalen Kirchenkuppel erkennbar ist. Nach der 25-minütigen Überfahrt wendet man sich südlich und läuft unterhalb des Forts Chambray dem Wasser entlang. Mit der beeindruckenden Festungsanlage wollte der Johanniterorden den Osmanen oder anderen Angreifern Einhalt gebieten. Aus gutem Grund: Mitte des 16. Jahrhunderts wurde quasi die gesamte Bevölkerung Gozos in die Sklaverei verschleppt und die Insel entvölkert. Ein trauriges Kapitel in der Geschichte.
Wenig weiter erreicht der Wanderer den malerischen kleinen Naturhafen Xatt l-Ahmar, an dem Piraten geschützt anlegen konnten. Heute ist er eine traumhafte Badestelle mit einem Leitereinstieg am Fels. Für einen kleinen Strand muss man noch einige Kilometer weiter bis Mġarr ix-Xini. Dafür blickt man dann wie Brad Pitt und Angelina Jolie im Film «By the Sea» auf die 400 Meter lange türkisfarbene Bucht. Taucher, die hier bequem mit dem Auto anfahren können, stürzen sich in die Fluten. Ein einfaches Restaurant bietet maltesisches Cisk-Bier und Austern an. Die zweite Hälfte dieser neun Kilometer langen Strecke führt entlang eines fruchtbaren Tals ins Inselinnere. Im Dörfchen Xewkija überrascht die Rotunda, die drittgrösste freitragende Kuppelkirche Europas. Gemeindemitglieder freuen sich, den Besuchern etwas erzählen zu dürfen und sie zum Lift zu geleiten. Der Halt auf dem Dach gibt einen 360-Grad-Rundblick über die Insel und das blaue Meer frei. Egal wohin man sich wendet: Der Horizont endet mit einer Wasserlinie. Da versteht man, warum sich die Malteser den Naturelementen so stark verbunden fühlen.
Von Gabrielle Spiller; Bild: viewingmalta.com