Genug der kalten Winde beim Shopping an der Fifth Avenue in Manhattan? Zeit für einen Besuch im neuen MoMA, dem Museum of Modern Art.
Vorbei sind die Tage, wo in Museen nichts fotografiert und berührt werden durfte. Heute geht man ins Kunsthaus nicht nur um Werke zu sehen, sondern um sich mit ihnen in Szene zu setzen und die Fotos auf Social Media zu teilen. Eine führende Kunstinstitution, die diesen Trend schon früh bemerkt hat, ist das New Yorker Museum of Modern Art. Nach mehrmonatiger Umbaupause hat es nun mit neuem Konzept und soviel Ausstellungsraum wie noch nie in seiner 90-jährigen Geschichte die Tore wieder geöffnet.
Durchbruch mit van Gogh
Leicht war es nicht für Abby Rockefeller und ihre Freundinnen, Lillie P. Bliss und Mary Quinn Sullivan, für die «Modern Art», die moderne Kunst, 1929 in New York einen Platz zu finden. Abbys berühmter Ehemann, der Millionär John D. Rockefeller Jr., hielt von zeitgenössicher Kunst überhaupt nichts und wollte keinen Cent an die Flausen seiner Frau beisteuern.
Die junge Kunstinstitution musste in den Anfangsjahren drei Mal die Räumlichkeiten wechseln, wurde vom New Yorker Publikum aber gut aufgenommen. Als es dem MoMA 1935 gelang, 66 Gemälde von van Gogh für eine Werkschau nach New York zu bringen, zementierte dies nicht nur die Stellung, die der niederländische Maler bis heute in der Kunstwelt einnimmt, sondern auch die des New Yorker Museums. Erst recht, als der Institution das gleiche Kunststück vier Jahre später mit Picasso noch einmal gelang. Abby überzeugte ihren Ehemann. John D. Rockefeller Jr. wurde zum grössten Mäzen des Museums.
Seither verteidigt das MoMA seinen Ruf als erste Institution für zeitgenössische Kunst am Platz – das ist nicht leicht, weil konkurrenzierende Kunsthäuser auch zünftig investiert haben: Das Whitney Museum of American Art 2015 etwa mit einem prächtigen Neubau von Renzo Piano, der architektonisch ideenreich mit der nahen Touristenattraktion «High Line» zusammenspielt. Und auch das New Museum an der Bowery hat sich einen Ruf als Muss für Kunstverständige ergattert, nicht zuletzt mit vielbeachteten Solo-Shows der Schweizer Künstler Urs Fischer (2009) sowie Pippilotti Rist (2016). Das MoMA – wo Rist schon 2008 mit einer Grossinstallation Aufsehen erregte, macht nun seine neuen Flügel weit auf und will die Besucher einladen, mit der Kunst zu interagieren, sich in ihr zu bewegen und selber zum Künstler zu werden. Zurzeit fasziniert etwa die Multimedia-Installation «Rainforest V» des Künstlers David Tudor in Zusammenarbeit mit Komponisten des Inside Electronics Inc. In der «Soundumgebung» mit zwanzig Skulpturen tauchen die Besucher in einen künstlichen Regenwald ein.
Gerne herumspazieren würde man auch in Sarah Szes «Triple Point» (Pendulum), einer Landschaft der verschiedenen Materialien und Medien, mit denen Kunst gemacht wird – durch die Installation saust aber ein Pendel wie ein Damokles-schwert, das neue Kunst immer wieder infrage stellt.
Nicht mehr chronologisch geordnet
Das Museum setzt zudem vermehrt auf Performances in den grossen weissen Räumen. Kunst hängt nicht mehr an der Wand oder steht immobil im Raum, gerade im digitalen Zeitalter will man wieder spüren, dass hier Menschen am Werk sind. Die riesige – und stetig weiter wachsende – Sammlung des Museums wird in diesem Sinn neu präsentiert. Es lässt sich nicht mehr chronologisch vom Impressionismus zum Expressionismus und weiter dem Strang der Zeit entlang in die Gegenwart wandern. Einflussreiche Künstler wie Picasso oder van Gogh werden nicht mehr auf einen goldenen Sockel neben ihre Zeit- und Strömungsgenossen gestellt, sondern neben Werke von Künstlern, die in der Art oder dem Ausdruck Ähnlichkeiten mit den unterdessen doch auch schon wieder alten Meistern zeigen, weniger westlich, mehr global orientiert. Es mag allerdings nicht jedermanns Sache sein, wenn van Goghs «Starry Night» – immer streng bewacht, keine Mitmachkunst hier! – etwas verloren neben Skulpturen und Töpfen anderer «Outsider-Künstler» hängt. Auch Joseph Beuys’ ausgestopfter Hase auf der Wandtafel scheint verärgert seine alte Umgebung zu suchen.
Das Konzept der Querverweise über Kulturen und Stile hinaus nimmt auch die Design-Abteilung auf. Zwar hängt hier noch der Helikopter von der Decke. Buben, die aber den Formel-1-Ferrari suchen, wegen dem sie überhaupt zum Museumsbesuch eingewilligt hatten, werden enttäuscht; der Renner ist weg.
Selbst zum Künstler werden
Dafür gibt es das «Art Lab» für Familien und das «Creative Lab» für die älteren Besucher, wo selbst Hand angelegt werden kann – wer will, darf seine Werke an die Wand des Studios hängen, ein Foto machen, und dann bei seinen Freunden mit Fug und Recht behaupten, dass der selbstgewebte Teppich, die eigene Zeichnung oder Wickelpuppe schon im MoMA zu sehen waren. Oder man nimmt die Bastelarbeit mit nach Hause und verschenkt sie mit bestem Gewissen als Kunst aus dem berühmten New Yorker Museum.
Text Roman Elsener
Bild: Performance „Forest Speech“ in der Installation „Rainforest V“ von David Tudor.
Die fünf besten New Yorker Museen für Kunst der Gegenwart
Museum of Modern Art
Das MoMA in Manhattan beherbergt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen zeitgenössischer Kunst. moma.org
Guggenheim Museum
Das Guggenheim Museum wurde 1939 gegründet und ist bekannt für seinen ikonischen Rundbau am Central Park. guggenheim.org
Whitney Museum of American Art
Das «Whitney» stellt eine der wichtigsten Sammlungen amerikanischer Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts aus. whitney.org
New Museum of Contemporary Art
Das New Museum ist seit seinem Umzug 2007 an die Bowery eine der Top-Adressen für zeitgenössische Kunst. newmuseum.org
MoMA PS1
Das PS1 in Queens ist der junge Ableger des MoMA in Manhattan. Hier werden tolle Kunst- und Musikpartys gefeiert. moma.org/ps1