Das Sultanat Oman ist anders als die Nachbarstaaten, anders als das Bekannte, anders als man denkt. Eine Entdeckung mit Offroad-Fahrten im Gebirge, Sternen zählen in der Wüste und Stöbern auf Suks.
Grosse Tropfen klatschen an die Autoscheibe und wir betrachten ungläubig, wie sie unser Bild verwässern. Es regnet. In der Wüste. Der Himmel wirkt gelblich, die Sandberge leuchten orange, die wenigen Bäume schimmern silbrig. Eine unwirkliche Szene, durch die wir mit unserem 4×4 fahren, ja eher surfen. Denn es gibt schon lange keine Strasse mehr, nur Sand. Sand, wohin man schaut. Eindrückliche Dünen, an deren Kanten der Wind die kleinen Körner davonträgt. Sie wirbeln durch die Luft, kratzen in den Augen und pieksen die Haut, sobald man das Fenster öffnet. Eine schöne Demonstration, wie diese Landschaft sich ständig verändert und bewegt. Eine grosse, fragile Welt aus kleinsten Teilchen.
Etwa zweimal im Jahr regnet es in der Wahiba-Wüste im Nordosten Omans, wird uns an der Réception im Desert Nights Camp gesagt. Der düstere Himmel schmälert den Zauber der Anlage nicht. Sie ist einem traditionellen Beduinenlager nachempfunden, die weissen Gästezelte sind aber äusserst luxuriös. Zu den Highlights im Resort gehört es, zum Sonnenuntergang mit dem Jeep einen der Sandhügel zu erklimmen, barfuss über die Kuppen zu springen und immer wieder den Horizont hinter der Weite dieses Sandmeeres mit den schönsten Formen und Farben zu suchen. Nachts, bei einem heissen Tee auf der Veranda, ist es der imposant leuchtende Sternenhimmel, der die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ein Blick ins Universum bei absoluter Stille.
Wir begegnen ihr unterwegs noch einmal, dieser einnehmenden Ruhe. Jabal Akhdar, der grüne Berg. Eine einzigartige Gebirgslandschaft, gleich schlicht wie betörend, gleich schroff wie lieblich. Die Aussichten sind atemberaubend: alte Terrassengärten an senkrechten Wänden, kleine, verschachtelte Dörfer und auf den Ebenen fruchtbare Obst- und Gemüsefelder. Von Ende März bis Mai blühen die bekannten Rosen. Die Temperatur ist hier auch im Sommer angenehm. Das macht die Region zu einem Rückzugsort für Städter, die vor der Hitze in Muscat oder Dubai fliehen, und für gestresste Westeuropäer, die wohltuende Stille und Abgeschiedenheit suchen. Auf 2000 Meter über Meer, am Rand der enormen Schlucht, weichgezeichnet vom warmen Abendlicht, kann sich der friedlichen Atmosphäre niemand entziehen. Sie liegt wie ein unsichtbarer Schleier über der Landschaft und hüllt Gäste ungefragt ein.
Dabei war die Anreise ziemlich abenteuerlich. Jabal Akhdar gehört zum Hajar-Gebirge, einem Paradies für Offroad-Touren. Schmale Schotterstrassen schlängeln sich an steilen Hängen in die Höhe, winden sich in engen Kurven und über unüber sichtliche Kuppen. Ab und zu stehen langhaarige Ziegen im Weg. Bald sind die Fenster des Geländewagens staubig, die Knochen durchgeschüttelt. Oman lässt sich gut im eigenen Mietwagen erkunden. Ein Reiseleiter kann unterwegs aber viel Interessantes über das Land und seine reiche Kultur erzählen – und kennt imposante Festungen und spektakuläre Wadis, wo das grün-blaue Wasser zwischen weissen Felsen an ruhigen Tagen zu einem Bad einlädt. An Feiertagen tut man es am besten den Omanis gleich, die in den oasenhaften Flusstälern unter schattenspendenden Bäumen picknicken.
In der Hauptstadt Muscat, einem Streifen Land zwischen Bergen und Meer, spielt sich das quirlige Leben vor allem abends ab. Im Matrah-Quartier lehnen junge Männer mit ihrem Orangensaft lässig gegen die Quaimauer, während Frauen mit Freundinnen vorbeispazieren. Im Suk, dem traditionellen Markt, halten die Einheimischen ein Schwätzchen, Gäste werden mit einem Lächeln begrüsst. Die Menschen sind zurückhaltend, respektvoll und höflich. Sightseeing-Touren zum Al-Alam-Palast, ins Bait-al-Zubair-Museum und zum Opernhaus werden besser auf den Vormittag verlegt, weil Nicht-Muslime nur dann Zutritt zur 2001 eröffneten Grossen Moschee haben.
Sind die Schätze der Stadt entdeckt, lassen sich entspannt die schönen Strände und das warme, wundersam blaue Meer am Golf von Oman geniessen. Von einem Boot aus zeigt sich der Zauber des Landes nochmals perfekt: die anmutige Landschaft, die orientalische Architektur, das warme, weiche Licht.
Von Stefanie Schnelli
Oman Air fliegt sechsmal wöchentlich von Zürich nach Muscat.