Die italienische Genusshochburg Piemont ist bekannt für mittelalterliche Dörfer, authentische Küche und grossartige Tropfen. Dabei gilt der Barolo als König der Weine.
Eine E-Mail genügte, um unseren Besuch beim Weingut Luigi Pira in Serralunga d’Alba anzumelden. Es gehört zu den renommiertesten im ganzen Piemont – mit einer Geschichte, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Doch erst vor 56 Jahren hat Luigi begonnen, seine Weine in Flaschen abzufüllen. Seit den 1990er Jahren führt Sohn Gianpaolo das Familienunternehmen mit seinen zwei Brüdern Romolo und Claudio. «Unsere Rebberge breiten sich auf 12 Hektaren aus und sorgen durchschnittlich für 50 000 Flaschen pro Jahr. Nebbiolo ist die beste Traube für unsere Region mit den Kreide-Lehm-Böden und unterschiedlichen Kalksteinen», sagt Gianpaolo. Der Weinbau wird auf voralpinen, von Süden nach Norden gerichteten Hügeln auf einer Höhe von 200 bis 400 Metern über Meer zelebriert.
Aus den tanninreichen, ausdrucksstarken Nebbiolo-Reben werden bekanntlich die grossen Baroli gemacht. Der Nebbiolo ist zudem die Traube des DOCG-Gebiet Barbaresco, das die drei Dörfer Barbaresco, Neive und Treiso umfasst. Barolo und Barbaresco brauchen rund zehn Jahre Lagerung, um eine optimale Reife zu erreichen, und können, je nach Jahrgang, bis 30 Jahre im Keller aufbewahrt werden. Die Selbstanalyse von Gianpaolo Pira: «Die Stärke unseres Weinguts liegt in der Konstanz. Wir haben regelmässig gute Weine, aber nicht Weltklasse.» Der bescheidene Piemonteser, der nur mit den roten Trauben Dolcetto, Barbera und Barolo arbeitet, untertreibt: Im Fachmagazin «Wine Spectator» werden seine Weine regelmässig mit 94 und mehr Punkten geadelt.
Ebenfalls 12 Hektaren gross ist die Rebfläche von Cadia Vini, die jedoch im Gegensatz zu Luigi Pira mit Arneis, Chardonnay und Sauvignon Blanc auch weisse Traubensorten kultivieren – und auf sechs Hektaren Haselnüsse, die zu den besten der Welt zählen. Wir fahren weiter zur Cantina Enzo Boglietti etwas ausserhalb des kleinen, aber besonders pittoresken Dorfs La Morra. Hier wird seit 1991 auf 22 Hektaren Weinbau betrieben, was zu einer Flaschenproduktion von rund 100 000 pro Jahr führt. Enzo Boglietti ist so etwas wie ein Terroirist. Das Angebot umfasst Baroli von diversen Lagen, einen einfachen Nebbiolo, drei verschiedene Barbera sowie zwei Dolcetto. Die lehmigen Böden spiegeln sich in den schön gemachten Weinen aus bis zu 80 Jahre alten Rebstöcken wider.
Der Barolo aus La Morra zeigt sich weicher als ein säurebetonter Barolo aus Serralunga oder ein gerbstoffbetonter Barolo aus Monforte. Wir schliessen unsere vinologische Entdeckungsreise bei der Azienda Agricola Adriano Marco e Vittorio ausserhalb von Alba ab. Die beiden Brüder sind seit 1994 im Geschäft und gehören ebenfalls zu den grossen und dennoch weniger bekannten Winzern des Piemonts. Der abermals familiengeführte Betrieb umfasst 27 Hektaren Rebberge oder 150 000 Flaschen. Auch «nocciole tostate» und der köstliche weisse Trüffel aus den nahgelegenen Wäldern gehören zum Angebot. Vom «Freundschaftswein» Dolcetto über den komplexen Barbera d’Alba Superiore bis zu diversen Barbaresco findet man hier alles, was der Weinliebhaber mag. Und sollte der Tag etwas gar üppig ausgefallen sein, sei zum Abschluss ein Glas Moscato d’Asti empfohlen. Der aromatische Süsswein aus der Muskat-Rebsorte hat nur einen Alkoholgehalt von fünf Prozent und lädt dazu ein, die Degustation beschwingt zu beschliessen.
Text: Reto E. Wild
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GUTE ADRESSEN
Alba und Asti stehen fast bei jedem Piemont-Besuch auf dem Programm. Doch die 60 Kilometer nördlich gelegene Grafschaft Monferrato ist noch wenig bekannt. In dieser Gegend haben Claudia und Alessandro Cardamone-Brombin ein Winzerhaus von 1850 in das «Country House Montessino» verwandelt. bnb-montessino-piemonte.com
Im nahgelegenen Altavilla Monferrato befindet sich das Museo della Grappa, in Cella Monte das Ecomuseo della Pietra da Cantoni. grappaltavilla.com; ecomuseopietracantoni.it
Ehrliche italienische Küche und einfache Zimmer gibt es im Albergo Ristorante Italia in Serralunga d’Alba. anselmaitalia.com
Ein barocker Herrschaftssitz bildet das Fundament des Sunstar-Boutiquehotels Castello di Villa in Isola d’Asti. piemont.sunstar.ch