Der Tempel des Kukulcán in Chichén Itzá. (Bild: iStock)
Kulturstätten wie von Zauberhand gemacht, kilometerlange Sandstrände wie gemalt und eine pikante Küche, die frisch und exotisch schmeckt. In Yucatán erleben Besucher Mexiko von seiner schönsten Seite.
Es war 1970. Im Brutofen des Azteken-Stadions von Mexiko City spielte Brasilien gegen Italien im Finale um die Fussballweltmeisterschaft. Ganz Mexiko, ja die ganze Welt fieberte mit – nur Cancún nicht. Denn zu dieser Zeit stand Cancún noch auf keiner Landkarte: Es gab die Stadt schlicht und einfach nicht. Doch das sollte sich bald ändern. Neben dem boomenden Badeort Acapulco im Westen Mexikos sollte auch der Osten ein grosses Ferienzentrum bekommen. Auf dem Reissbrett entworfen, wuchs Cancún Schritt für Schritt. Und aus dem Planspiel im Wirrwarr des grünen Dschungels wurde der grosse Wurf: Eines der wichtigsten Zentren des Welttourismus entstand.
Heute zählt die Stadt knapp 750 000 Einwohner und – vor Corona – mehr als sechs Millionen Touristen pro Jahr. Für sie stehen in der Zona Hotelera knapp 200 Hotels mit weit über 30 000 Betten zur Verfügung. Cancún zieht an, bringt die Augen zum Staunen. Cancún brodelt. Wirkt aufgedreht wie Miami Beach, nur exotischer. 19 Kilometer Cancún bedeuten 19 Kilometer Playa. Wenn abends anderswo in Mexiko die Bürgersteige hochgeklappt werden, geht es hier erst richtig los. Schrille, in bunte Neonfarben getauchte Nächte und faule Tage am grell-weissen Strand. Für die Mexikaner ist hier Miami, für US-Amerikaner typisches Mexiko und für Europäer eine Mischung aus beidem. In jedem Fall gibt Cancún heutzutage eine perfekt organisierte Ferienstadt ab.
Doch die Halbinsel Yucatán ist zu schön, um nur in Cancún zu bleiben. Deshalb geht es von den fünf futuristischen Glaspyramiden des Luxushotels Paradisus zu den historischen Pyramiden der Maya.
Tummelplatz der Geschichtsinteressierten
Chichén Itzá – gesprochen Tschitschen Itza – ist das Cancún der Kulturinteressierten, der Tummelplatz der Geschichtstouristen. «Chicken Pizza» sagen die Amis. Es soll ein witziges Wortspiel sein, auch wenn es manchem Mexikaner wie blanker Hohn vorkommen muss: im 4. Jahrhundert gegründet, im 13. verlassen – lange bevor die Spanier anrückten. Wer nach Chichén Itzá kommt, wird ihn besteigen: den Tempel des Kukulcán, die imposante, neunstufige Pyramide, knapp 25 Meter hoch und auf allen vier Seiten mit 91 Stufen versehen. Schweiss rinnt aus allen Poren. Die Stufen sind schmal und steil. Das Weltkulturerbe ist Tempel und gleichzeitig Kalender. Die Gesamtzahl der Stufen plus die Stufe am Haupteingang symbolisieren die 365 Tage des Jahres, 52 Platten an den Seiten die Anzahl der Wochen im Jahr. Und nur von hier oben kann ein Blick auf die weltberühmte Figur Chac Mool auf dem Templo de los Guerreros erheischt werden. Seit Jahren darf man zum Regengott nicht mehr hinaufsteigen und seinen erhabenen Platz bewundern.
Historische Stätte im Dschungel
Wer ein Tempelterrain mit weniger Besuchern teilen möchte, muss weiterziehen zu den Pyramiden von Cobá. Cobá kennt kaum jemand. Auch dort wartet ein schweisstreibender Weg auf die höchste Pyramide der Halbinsel Yucatán mit gut 40 Metern. Die Entschädigung ist grandios: Der Blick über den endlos weiten grünen Dschungel lässt alle Mühen vergessen. Nur grün, nichts als grün – bis auf die zweite, etwas kleinere Pyramide dieser weitläufigen Maya-Anlage, die weiss aus dem üppigen Tropenwald herausragt. Verwunschen, als ob ein Zauberer am Werk gewesen wäre. Das gilt auch für Uxmal (gesprochen Uschmal), die Ruinen einer einst grossen und wichtigen Maya-Stadt, das dem echten Kulturfan ebenso gefällt wie dem Das-nehmen-wir-auch-noch-mit-Besucher.
Essen als Erlebnis
Yucatán erscheint manchmal wie ein Supermarkt für Ferienwünsche: Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Es gibt Inseln wie Cozumel, Mujeres oder Holbox mit ihren Bilderbuchstränden, National- wie Naturparks und nach der Kul-Tour kommt die Chill-Tour: Ab Cancún mit fast zwanzig Kilometer Strand folgt bis hinunter zur Riviera Maya eigentlich nichts anderes als Sand und Meer. Und zwar Traumstrände mit Sand so weiss und fein wie Mehl, Playa Maroma oder Akumal zum Beispiel. Dazu hochgewachsene Palmen, tolle Hotels und familiäre Pensionen, Top-Restaurants und einfache Tortilla-Buden.
Die lokale Küche sollte man unbedingt probieren, auch wenn die meisten Hotels all-inclusive sind: von Huevos rancheros, den Spiegeleiern in Tomatensalsa, zum Frühstück bis zu köstlichen Fajitas, mit Huhn oder Fleisch gefüllten Tortillas, am Abend. In den Dörfern freuen sich die Einheimischen, wenn Europäer, die in Mexiko – im Gegensatz zu den Amerikanern – sehr beliebt sind, die heimische Küche probieren, in Cancún sowieso. Der Koch legt sich ins Zeug und bereitet alles frisch zu. Also keine übertriebene Angst vor Montezumas Rache!
Stadt der Morgenröte
Und jetzt noch Tulum. Tulum, das ist jene befestigte Maya-Siedlung mit dem berühmten Castillo, das erhaben auf den Klippen über Meer und Playa Paraiso thront. Es gehört wohl zu den meistfotografierten Motiven in Yucatán. Dass El Castillo zu solchem Ruhm gelangen würde, hätte sich trotz aller Pracht kein Maya träumen lassen. Zumal schon 1544 zunächst Schluss war mit der Maya-Macht und -Herrlichkeit. Die spanischen Eroberer traten die Herrschaft an: eine dunkle Zeit der Kulturbarbarei. Die Mayas tauften sie einst Stadt der Morgenröte. Aber im Abendlicht wirkt sie fast noch anmutiger.
Text: Jochen Müssig
Gut zu wissen
Anreise: Edelweiss fliegt das ganze Jahr über mehrmals wöchentlich nonstop von Zürich nach Cancún. flyedelweiss.com
Hotels: Hotel Paradisus by Meliá, Cancún: Eine grosse 5-Sterne-All-Inclusive-Anlage mit Traumstrand direkt vor der Tür, riesige Pools, Spa, 10 Restaurants. melia.com
El Dorado, Playa Maroma: 5-Sterne-Over-Water-Bungalows mit privatem Pool auf der Terrasse, All-Inclusive-Resort, nur für Erwachsene. Die Anlage hat zudem zwei Hauptpools, einen Spa und 7 Restaurants. eldoradosparesorts.com
Coco Limited, Tulum: 5-Sterne-Boutique-Resort mit nur 26 Zimmern, Bungalows am Traumstrand, Pool, Spa, Restaurant mit direktem Strandzugang. cocolimitedhotel.com