Erst vor drei Jahren eröffnet und schon Spitze: Das Raffles Praslin zählt zu den besten Luxushotels der Seychellen.
Erstaunlich ist es schon: Aufgrund der überwältigenden Pracht ihrer Natur verfügen die Seychellen über die besten Trümpfe, um Gäste aus aller Welt zu begeistern. Praktisch jedes Jahr werden die Strände der Seychellen von renommierten internationalen Reisemagazinen mit Schönheitspreisen überhäuft. Dennoch sind die Inselperlen im Indischen Ozean während vieler Jahre touristisch nicht richtig vom Fleck gekommen. Die Destination galt als überteuert, der Service schlecht, die Hotels nicht über alle Zweifel erhaben. Am misslichen Image, das gar nicht recht zum Postkartenidyll des vermeintlichen Inselparadieses passen wollte, hatte auch die Politik des Landes ihren grossen Anteil. Die erst 1976 von den Engländern in die Unabhängigkeit entlassenen Seychellen wurden lange von einem Ein-Parteien-Regime regiert. Erst 1993 liess der damalige Präsident France-Albert René weitere Parteien zu. Bis die Opposition – gleichsam nach Schweizer Vorbild – an der Regierung beteiligt wurde, vergingen allerdings nochmals einige Jahre. Die Machtteilung, verbunden mit der demokratischen Öffnung, geschah denn auch nicht ganz freiwillig. Ohne den sanften Druck der Weltbank, die dem Land wegen dessen Zahlungsunfähigkeit unter die Arme greifen musste, wäre es wohl nie zu freien Wahlen gekommen. Das bankrotte Land brauchte eine Zäsur. Im Blick auf die dringend benötigten ausländischen Devisen fährt die Regierung mit dem nunmehr seit zehn Jahren an der Spitze stehenden Präsidenten James Alix Michel heute einen wirtschaftlich liberaleren und investitions-freundlicheren Kurs. Dieser Kehrtwende ist es zu verdanken, dass in der jüngsten Vergangenheit einige der weltweit renommiertesten Hotelketten an den Traumstränden der Seychellen wunderbare Resorts errichtet haben. Ein Beispiel dafür ist das Raffles Praslin. Die Luxushotelkette Raffles Hotels & Resorts hat ihren Ursprung bekanntlich in Singapur. Heute umfasst das Raffles-Portfolio weltweit elf Spitzenhäuser. Die Marke gehört zur FRHI Holdings Ltd, einer global tätigen Management-Firma, die rund 110 Hotels und Resorts betreibt. Neben Raffles zählen Fairmont und Swissôtel zur Gruppe. Hauptaktionär der FRHI Holdings ist übrigens das in der Schweiz ebenfalls präsente arabische Unternehmen Katara Hospitality. Mit dem «Schweizerhof» in Bern, dem «Royal Savoy» in Lausanne und dem sich im Bau befindenden Luxusresort auf dem Bürgenstock besitzt die Firma aus der Golfregion einige der prestigereichsten Hotelperlen unseres Landes.
Raffles-Qualität auf Praslin
Für Christoph Ganster, den österreichischen Direktor des Raffles Praslin, bedeuten die Vorschusslorbeeren, welche der traditionsreiche Hotelbrand mit sich bringt, in erster Linie eine Verpflichtung. Wer an Raffles denke, erwarte denn auch stilvolle Unterkünfte, lukullische Höhenflüge, einen Service vom Feinsten und unvergessliche Ferienerlebnisse. Mit seinen 86 elegant und zeitgemäss eingerichteten Pool-Villen, die fast alle einen spektakulären Blick auf den Indischen Ozean und die Insel Curieuse bieten, erfüllt das Resort den ersten (hohen) Anspruch mit Bravour. Auch die Lage an der schönen Anse Takamaka ist fantastisch. Und die berühmte Anse Lazio ist ebenfalls nicht weit entfernt. Mit dem Fahrrad sind es nur 20 Minuten. Allerdings gilt es, auf der Strecke einen giftigen Bergpreis zu überstehen. Angesichts der hohen Luftfeuchtigkeit und der tropischen Temperaturen («Mann, haben wir geschwitzt») würden wir das nächste Mal einen Kurztransfer im Auto vorziehen. An der Anse Lazio gibt es übrigens seit wenigen Monaten ein einfaches Guesthouse. Es heisst Chevalier Bay (www.chevalierbay.wix.com/Praslin). Geführt wird es von den Besitzern des gleichnamigen Restaurants. Nach unserem Mittagessen fällt es uns allerdings schwer, dieses zu empfehlen. Es gibt an der Anse Lazio aber noch ein zweites Restaurant, das deutlich besser sein soll.
Unsere uneingeschränkte Empfehlung verdienen dagegen die Gourmettempel im Raffles Praslin. Im Hauptrestaurant, dem Losean, zaubert Patric Gigele, auch er ein Österreicher, zeitgenössische Interpretationen klassischer Gerichte auf den Tisch. Und im Restaurant Curieuse hat sich der indische Küchenchef Saumitra Suryavanshi auf asiatische Köstlichkeiten spezialisiert. Ebenso gern assen wir im Pool-Restaurant unter dem Sternenhimmel. Hier werden vor den Augen der Gäste kreolische Gerichte zubereitet. Die Stimmung um die beiden 45 Meter langen Schwimmbäder ist am Abend besonders schön.
Und wie steht es um den Service, eine der langjährigen Schwachstellen der Seychellen? Hier setzt Ganster auf einen personalisierten Butler-Service. Sympathisch dabei: Der Butler ist nur zur Stelle, wenn man ihn verlangt. Auch sonst ist das international durchmischte Team im Service zuvorkommend und professionell. Dabei sorgen Asiaten und Mauritier für Effizienz und Speed, während die Seychellois Charme, Swing und Coolness ausstrahlen. Man erkennt sie bereits an ihrem Gang. Wer wie Barack Obama oder Usain Bolt entspannt und rhythmisch wippend daherschlendert, ist garantiert ein Seychellois. Wir geben es gerne zu. Wir lieben die Menschen der Seychellen für ihre Unbeschwertheit und ihre fast schon subversiv anmutende Begabung, das Leben leicht zu nehmen.
Die Schönheitskönigin des Urwaldes
Wer im Raffles wohnt, sollte unbedingt auch einen Ausflug ins benachbarte Valleé de Mai unternehmen. Der Besuch des uralten Dschungels, der von der UNESCO in die Liste des Weltnaturerbes aufgenommen wurde, ist einer der Höhepunkte des Aufenthaltes auf Praslin. Vor allem die Begegnung mit der unumstrittenen Schönheitskönigin der Insel ist ein Must. Ihre Rundungen sind eine Huldigung an den Gott Eros und im Vergleich mit ihrem unverschämten Hinterteil haben sogar Beyoncé, J-Lo sowieso, und auch die Miss Schweiz das Nachsehen. Allein, der umwerfende Männertraum ist kein menschliches Geschöpf, sondern eine Nuss, eine Art Kokosnuss, die in ihrer Grösse alles übertrifft: Sie heisst Coco de Mer und wächst auf einer Fächerpalme, deren Blätter bis zu sieben Meter lang werden und ein natürliches grünes Firmament über dem dichten Urwald bilden. Im Dickicht des Naturparks treffen wir auf eine Touristin aus Hongkong, die uns in freudiger Erregung erklärt, dass nicht nur die Frucht der weiblichen Palme in ihrer Form einmalig sei. Auch die Ausbildung der männlichen Pflanzen mit ihren riesigen, penisähnlichen braungelben Samenkolben sei überaus beeindruckend. Die Coco-de-Mer-Palme unterstreiche, kichert sie weiter, dass der liebe Gott bei der Schöpfung Humor bewiesen habe. Das Bild des witzigen und sinnlichen Schöpfergottes gefällt uns. Es passt perfekt zur verschwenderisch üppigen Natur der Seychellen und zur unverfälschten Lebensfreude ihrer Bewohner.
von Markus Weber
Da ist sicher noch einiges Auszubauen. Aber der erste Baustein wurde ja schon mit Bravour gelegt.