Im Mai eröffnet Salzburg sein neues Domquartier. Das Museumsprojekt ermöglicht Gästen erstmals, wie einst die Fürsterzbischöfe auf einem Rundgang durch deren Residenz und den Dom zu wandeln.
Es ist lange her, dass zum letzten Mal Schritte durch die langen Korridore hallten. Dass flinke oder andächtige Füsse, umspielt von einem langen Gewand, über den steinernen Fussboden schritten. Die Fürsterzbischöfe von Salzburg hatten ihren privaten Weg durch das Domquartier. Schliesslich waren ihre Residenz und der Dom seit dem Mittelalter das Zentrum des Landes und Ausdruck ihrer Macht. So konnten die Geistlichen, die gleichzeitig auch die weltlichen Oberhäupter des Bistums waren, abgeschottet vom normalen Volk draussen auf der Strasse zwischen ihren Gemächern, der Kathedrale und dem angrenzenden Benediktinerkloster St. Peter wandeln.
Doch während der vergangenen 200 Jahre war der Weg durch die prunkvollen Bauten nicht mehr durchgängig. Durch Machtwechsel und Umbauten unterbrachen neue Mauern den Rundgang, wurden Übergänge abgerissen und Verbindungstüren blockiert. Diese Hindernisse werden jetzt aus dem Weg geräumt. In Residenz, Dom und St. Peter sind Umbauarbeiten im Gang.
Weltliche und kirchliche Schätze
Das neue Domquartier Salzburg wird am 17. Mai eröffnet. Herzstück des Museumskonzeptes ist der historische Rundgang. Nach zwei Jahrhunderten im Dornröschenschlaf wird er nun wieder durchgängig, und zum ersten Mal kann auch die Bevölkerung auf den bischöflichen Spuren wandeln. Im Inneren der geschichtsträchtigen Gebäude verbindet der Pfad heute vier Museen mit den Prunkräumen der Residenz und dem Dom. Mit einem Ticket können Besucher so das ganze Domquartier erleben – aus der gleichen Sicht wie einst die Fürsterzbischöfe.
Von welchem Reichtum diese in ihrem Alltag umgeben waren, macht der Start des Rundganges in der Residenz deutlich. Hinter den dicken, von aussen schlichten Mauern verbirgt sich ein über Jahrhunderte entstandener Stadtpalast. Bescheidenheit war keine fürsterzbischöfliche Tugend. Die 15 Prunkräume sind voll mit Schätzen aus Renaissance, Barock und Klassizismus. Von Deckenfresken des Meisters Johann Michael Rottmayr über venezianische Spiegel bis zu Kristalllüstern aus böhmischem Rauchglas. Und die Liste berühmter Namen geht weiter: In der Residenzgalerie hängen Werke von Rembrandt, Luca Giordano oder Josef Danhauser. Auf ihrem Weg zum Dom sind die früheren Machthaber an den bedeutendsten Namen der europäischen Malerei zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert vorbeigegangen.
Die Verbindung zwischen Residenz und Dom bildet die Dombogenterrasse. Fürstlich lässt sich dort das barocke Zentrum Salzburgs mit Dom, Residenzplatz und der bürgerlichen Altstadt von oben herab betrachten, bevor man in das Nordoratorium tritt. Dieses ist, neben dem wieder geöffneten Rundgang und dem komplett neu errichteten Museum St. Peter, das ebenfalls auf dem Weg liegt, zum ersten Mal für Besucher zugänglich. Während im Nordoratorium Sonderausstellungen der Museumpartner zur barocken Vergangenheit Salzburgs gezeigt werden, glänzt im Museum St. Peter die reiche Kunstsammlung des Benediktinerklosters mit rund 40 000 Werken. Es macht Schätze für die Öffentlichkeit sichtbar, die jahrhundertelang den kirchlichen Oberhäuptern und Brüdern vorenthalten waren.
Skurriler ist das Sammelsurium in der sogenannten Kunst- und Wunderkammer. Die Schaukästen aus dem 17. Jahrhundert wurden 1974 als eine Art barockes Kuriositätenkabinett rekonstruiert. Exotische Tierpräparate stehen da neben seltenen Fossilien, wunderlichen Geräten und wertvollen Kristallen.
Das Rom des Nordens
Alles in allem soll mit dem neuen Museumskonzept das reiche, barocke Erbe Salzburgs bekannter gemacht werden. Beeindruckt vom Kirchenstaat Rom haben die Fürsterzbischöfe vor mehr als 400 Jahren angefangen, Salzburg zu einer der bedeutendsten Barockstädte nördlich der Alpen zu machen. An finanziellen Mitteln fehlte es nicht: Durch den Handel mit Salz, Gold und anderen Rohstoffen war das Bistum sehr vermögend. Für den Städtebau holten die Fürsterzbischöfe die grössten Architekten der Zeit nach Salzburg. Heute ist das Quartier UNESCO-Weltkulturerbe, das sich mit dem neuen Museumskonzept gut entdecken lässt.
Für den gesamten Rundgang sollten mindestens zwei Stunden eingeplant werden. Die Eintrittskarte ist aber den ganzen Tag gültig und lässt es zu, die Besichtigung zu unterbrechen und nach einer Kaffee- oder Mittagspause fortzusetzen. Schliesslich ist bekannt, dass schon den Fürsterzbischöfen auch das leibliche Wohl durchaus wichtig war.
Text Stefanie Schnelli