Wenn eine Schweizer Perfektionistin und ein Habitué des tansanischen Buschs in umwerfender Landschaft ein Hideaway bauen, kommen auch anspruchsvolle Gäste auf ihre Kosten.
Der Tag auf der Chem Chem Lodge im Norden Tansanias beginnt mit einem flotten Jogging in Begleitung eines Massai oder mit einem gemütlichen und lehrreichen Spaziergang durch die afrikanische Wildnis. Das ist der grosse Vorteil eines privaten Wildreviers im Vergleich mit einem Nationalpark, wo man kaum den Fuss aus den Camps und aus den Jeeps setzen darf und die Sichtung von Tieren garantiert und damit fast langweilig ist. Hier kann man – in kundiger Begleitung – noch richtig auf Pirsch gehen, und man freut sich über jedes Tier, dem man dabei begegnet. Mit einem Drink in der Hand, einem guten Buch und dem Feldstecher auf den Knien kann man vom Hochsitz aus zudem stundenlang dem ununterbrochenen Treiben am Wasserloch zuschauen. Denn die Chem Chem Lodge liegt am Ufer des ManyaraSees. Dieser ist zwar so gross wie der Zürichsee, aber so flach, dass das Wasser, das jährlich Tausende von Flamingos anlockt, bis im Herbst praktisch austrocknet. Übrig bleibt dann eine riesige, schneeweisse Fläche, begrenzt nur durch die magische Skyline der grossen Grabenbruchkante – das ideale Setting für einen unvergesslichen Abendtrunk, der bei guten Gesprächen bis weit in die sternenklare Nacht dauern kann.
Hier hätten sie das Gefühl, noch etwas bewegen zu können, betonen die Schweizerin Fabia Bausch und ihr französischer Ehemann Nicolas, die sich ihren Traum von einer Lodge in Afrika erfüllt haben. Aus dem einst öden Weideland, das sie gepachtet haben, ist heute wieder ein Naturparadies geworden. Ein gerüttelt Mass an Mut, eine Prise Glück und eine grosse Leidenschaft haben ihr Unternehmen zu einer Erfolgsstory werden lassen.
Begonnen hatte alles an der Bahnhofstrasse in Zürich, wo Fabia Bausch als Brokerin einer deutschen Bank lange Jahre auf grossem Fuss lebte. Doch irgendwann wurde sie des flüchtigen Glücksgefühls überdrüssig, das die xte neue Bluse oder Tasche zu erzeugen vermögen. Sie kündigte und suchte nach einer neuen Erfüllung. Eine glückliche Fügung führte sie beim Haifischtauchen auf den Bahamas mit Nicolas zusammen, einem professionellen Jäger, der in Tansania Jagdsafaris für betuchte Gäste aus Übersee organisierte. Heute, sechs Jahre später, sind sie ein eingespieltes Team: sie die Organisatorin und Managerin mit dem sicheren Gespür für Stil und Qualität, er der Naturbursche, der fliessend Swahili spricht, im Busch zu Hause ist und sein Gewehr nur noch vom Nagel holt, wenn es darum geht, Gäste auf ihren Streifzügen durch den Busch zu begleiten oder die Tiere seines Reservats vor Wilderern zu schützen. Die Wandlung vom Jäger zum Wildhüter sei ihm leicht gefallen, denn jeder richtige Jäger sei im Herzen auch ein Tierschützer. Diese Behauptung nimmt man ihm gern ab, wenn man hört, mit welcher Liebe er von «seinen» Tieren spricht.
Weil es in Tansania aber praktisch keine Zäune gibt, auch nicht um die Nationalparks, ziehen die Tiere dorthin, wo es ihnen am wohlsten ist. Also sichert man sich eine möglichst zahl und artenreiche Tierpopulation auf seinem Land damit, dass man die besten Lebensbedingungen schafft. Das ökologische Gleichgewicht wird aber oft durch Überweidung, Zersiedelung und Wilderei gestört, weshalb die Kunst gemäss Nicolas darin besteht, auch die MassaiStämme in der Nachbarschaft in die Bemühungen einzubeziehen und sie davon profitieren zu lassen. Da sich das 4000 Hektaren grosse, private Tierschutzreservat der Chem Chem Lodge genau zwischen zwei staatlichen Parks, dem Manyara und dem TarangireNationalpark befindet, entstand die Idee, den Tieren wieder die Möglichkeit zu geben, gefahrlos zwischen den beiden Schutzgebieten hin und her zu wechseln. Das Projekt wird auch von der französischen Regierung mit einem Millionenbetrag unterstützt und so stehen die Chancen gut, dass an der Chem Chem Lodge neben den weit verbreiteten Gnus, Zebras, Giraffen und Warzenschweinen bald auch die nur noch in Reservaten lebenden Elefanten und Löwen vorbeiziehen werden.
Von Lucie Paska