Twerenbold-Geschäftsleiter Heinz Weber hat seine Karriere als Buschauffeur gestartet – jetzt tritt er als Chef über 65 Reisecars und 300 Mitarbeitende in den Ruhestand.
Heinz Weber, welches Ihrer Reiseangebote würden Sie als Privatmann buchen?
Eine «Bus-Velo-Flussfahrt». Das ist eine super Kombination aus aktiver Erholung und Luxus. Und das alles am liebsten auf der Seine von Paris nach Honfleur. Auf dieser Strecke gibt es zahlreiche Möglichkeiten für aussergewöhnlich schöne Velotouren mit dem eigenen Fahrrad, welches einem mit einem Twerenbold-Bus von Ausgangspunkt zu Ausgangspunkt gebracht wird.
Sie sind ein Carreise-Manager aus Berufung; haben einst selber als Buschauffeur Ihr Brot verdient. Auf den ersten Blick weckt das den Eindruck einer typischen Tellerwäscherkarriere.
Das kann man schon so sagen. Der richtige Stallgeruch ist auch eine wichtige Sache. Ich weiss, wie der Hase in diesem Business läuft, und das war auch gut für die Chauffeure. Sie wussten immer: Der Boss ist auch einer von ihnen.
Auch wenn Sie als Boss mehr ein Schreibtischtäter waren und mit Statistiken statt am Steuerrad Ihre Tage verbrachten?
(Lacht) Ich war nie ein Schreibtischtäter. Und wenn Not am Mann war, habe ich mich auch immer wieder selber hinter das Steuer gesetzt – und zwar sehr gerne.
Bei Busreisen kommen wohl nicht nur mir Kafireisli in den Schwarzwald in den Sinn, wo einem zu guter Letzt noch eine überteuerte Heizdecke angedreht wird. Dieses negative Image hat sich in den vergangenen Jahren gemildert, oder?
Die Branche konnte es grösstenteils abstreifen. Es gibt jedoch immer noch eine gewisse Hemmschwelle, eine Busreise anzutreten, warum auch immer. Aber wer es einmal getan hat, ist überrascht, welche Professionalität er antrifft, wie gross der Komfort in den Fahrzeugen ist und wie viele schöne, neue Kontakte man auf so einer Reise knüpfen kann.
Der Twerenbold-Slogan lautet ja auch «Reisen in guter Gesellschaft». Finden da auch einsame Herzen zueinander?
Wir machen zwar keine Singlereisen, aber es ist schon so, dass Partnerschaften entstehen. Das ist ein schöner Nebeneffekt. Die Digitalisierung trägt zu einer gewissen Vereinsamung der Menschen bei. Auch bei Älteren, die vielleicht verwitwet oder geschieden sind. Da wir auch Themenreisen anbieten – eben Musik- oder Veloreisen –, kann man mit Gleichgesinnten reisen und kommt schneller ins Gespräch.
Heinz Weber, bei Twerenbold starteten Sie damals mit gerade mal acht Bussen. Heute verfügt das Unternehmen über eine Flotte von 65 Luxuscars. Wie geht das? Gerade auch in Anbetracht der Konkurrenz durch Billigfluggesellschaften?
Klar, die Reisen mit dem Bus an den Strand sind mehr oder weniger passé. Heute fliegen wir unsere Gäste an Ausgangspunkte wie Malaga, Madrid, Lissabon oder Warschau. Dort wartet dann schon der vertraute Twerenbold-Bus und die Rundreise kann beginnen. Die Gäste wollen einen Schweizer Bus. Das ist ihnen wichtig.
Einer Ihrer USPs sind die Musikreisen – also mit dem Bus von Konzerthalle zu Konzerthalle.
Ja, und ich bin auch ein wenig stolz darauf, weil diese Kombination von mir entwickelt wurde. Wir konzentrieren uns auf populäre Klassik, die auch denen gefällt, die sich sonst nicht mit der Materie befassen.
Sie scheinen über exzellente Kontakte zu verfügen. In Ihrem Angebot ist auch die neue und bereits weltbekannte Elbphilharmonie in Hamburg. Die Tickets sind rar wie Wasser in der Sahara; dennoch gab es für die Twerenbold-Gäste ein Sonderkonzert. Ist da Magie im Spiel?
(Lacht) Nein, nein, langjährige Kontakte sind der Grund dafür. Wir wurden bereits 2007 angefragt, ob wir auch Gäste bringen könnten. Damals war noch nicht klar, dass die «Elphi» ein solcher Publikumsmagnet wird. Ich spürte aber, dass da etwas Phänomenales entsteht. Darum konnten wir unsere Kontingente schon vor der Fertigstellung des Bauwerks sichern.
Während Ihrer Zeit als Busreisen-Manager sind die Cars fast schon zu Sänften auf Rädern geworden. Fauteuilartige Sitze, eine Kaffeemaschine an Bord, natürlich auch eine Toilette. Wie wird sich das alles verändern in den nächsten 30 Jahren?
Ich glaube nicht, dass sich Grundlegendes verändern wird. Man wird Schritt für Schritt mit der neuen Technik mithalten müssen. WLAN beispielsweise steht unseren Gästen heute schon in allen unseren Bussen zur Verfügung. Der Komfort, den wir bieten, ist bereits auf sehr hohem Niveau und dennoch bezahlbar. Wir müssen Fahrzeuge haben, die sich rechnen.
Jetzt gehen Sie nach 28 Jahren Twerenbold in Rente und übergeben das Steuer an André Wildberger. Was bedeutet das für Heinz Weber? Ein Leben im Schrebergarten oder lässt die Katze das Mausen doch nicht ganz?
Sie lässt es nicht ganz. Ich trete nicht zurück, ich trete zur Seite. Ich bleibe dem Unternehmen noch in beratender Funktion treu – etwa bei den Velo- und Musikreisen. Langweilig wird es mir bestimmt nicht.
Interview: Andy Fischer
Die Twerenbold Reisen AG mit Sitz in Baden-Rütihof ist ein Familienunternehmen mit über 120-jähriger Geschichte. Angefangen mit sechs Pferden und einer Kutsche, besitzt der Reiseveranstalter Twerenbold heute eine Busflotte mit 65 Fahrzeugen und drei Reiseterminals. Zur Twerenbold Reisen Gruppe gehören auch der Fluss- und Kreuzfahrtenspezialist Reisebüro Mittelthurgau, der Pionier für Natur- und Wanderreisen Imbach Reisen, Vögele Reisen, der Spezialist für begleitete Flugrundreisen, sowie die Reederei Swiss Excellence River Cruise mit neun Flussschiffen.